Komische Oper Berlin

Les Contes d'Hoffmann

Offenbach
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In der fieberhaften Phantasie eines Dichters entführt ihn die Inszenierung von Don Giovanni auf eine fieberhafte Reise in albtraumhafte Welten. Kann Mozart selbst ihm Erlösung anbieten, während er sich in seinen ängstlichen Träumen verliert?

Barrie Kosky erzählt Offenbachs fantastische Geschichte als verstörenden Alptraum eines Künstlers, der zunehmend seinen Identitätssinn verliert. Während wir in die Obsessionen eines gestörten Geistes eintauchen, wird die Titelrolle selbst von drei Darstellern - darunter einem Schauspieler - geteilt, während eine einzige Sopranistin alle vier weiblichen Hauptrollen verkörpert.

Besetzung

Hoffmann 1
Uwe Schönbeck
Hoffmann 2
Dominik Köninger
Hoffmann 3
Edgaras Montvidas
Stella / Olympia / Antonia / Giulietta
Nicole Chevalier
The Muse
Karolina Gumos
Lindorf / Coppélius / Doctor Miracle / Dapertutto
Dimitry Ivashchenko
Andrès / Spalanzani / Frantz / Pitichinaccio
Peter Renz
Cochenille / Crespel / Peter Schlémil
Philipp Meierhöfer
Antonia's Mother
Karolina Gumos
Chor
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin
...
Musik
Jacques Offenbach
Dirigent
Antonino Fogliani
Inszenierung
Barrie Kosky
Bühne
Katrin Lea Tag
Licht
Diego Leetz
Kostüme
Katrin Lea Tag
Text
Jules Barbier
Chorleitung
David Cavelius
...

Video

Trailer

TRAILER | LES CONTES D'HOFFMANN Offenbach - Komische Oper Berlin

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Ausschnitt

La Chanson d’Olympia

Die mechanische Puppe Olympia (Nicole Chevalier) singt „Les oiseaux dans la charmille“, eine der schwierigsten Koloratur-Arien, die je für Sopran komponiert wurden. Wie der Spitzname der Arie „Puppen-Arie“ andeutet, muss Olympias mechanisches Getriebe immer wieder aufgezogen werden, damit sie weitersingen kann.

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Handlung

Eine Aufführung von Mozarts Don Giovanni wird in der überspannten Fantasie des Dichters Hoffmann zum Ausgangspunkt einer vom Wahnsinn getriebenen Reise durch bizarre Welten. 

Hoffmanns abgöttische Bewunderung für die Sängerin Stella in der Rolle der Donna Anna gebiert immer neue Frauenbilder: die Puppe Olympia, die seelenlose Kunststücke präsentiert; die Sängerin Antonia, die sich zu Tode singt; die Kurtisane Giulietta, die Hoffmanns Spiegelbild raubt. Skurrile Nachtgestalten wie Olympias Schöpfer Spalanzani oder der furchterregende Augenverkäufer Coppelius, Antonias gestrenger Vater Crespel oder der diabolische Doktor Mirakel, der überdrehte Pitichinaccio oder der zwielichtige Dapertutto lassen Hoffmanns imaginäre Reise zum albtraumartigen Horrortrip werden. 

Am Ende bietet selbst Mozart keine Rettung mehr. Verfolgt von den eigenen Dämonen, hat sich Hoffmann längst in seinen Fantasien und Angstträumen verloren.

Einblicke

Hoffmanns Doppelgänger

Barrie Koskys erfrischender Blick auf Offenbachs letzte Oper

Wird Offenbach mit Les Contes d’Hoffmann endlich ein seriöser Komponist?

„Entgegen der landläufigen Meinung, Offenbach habe mit seinem letzten Werk die Operette hinter sich gelassen, um am Ende seines Lebens ein seriöser (Opern-)Komponist zu werden, sehe ich keinen Unterschied zwischen dem Offenbach der Opéras bouffes und dem der Contes. Er war schon vorher ein seriöser Komponist, denn die Partituren von La Vie parisienne, Orphée aux enfers oder La Belle Hélène sind ‚seriöse’, weil geniale Meisterwerke.“ 

Les Contes d’Hoffmann sind demnach die logische Konsequenz Offenbachs früherer kompositorischen Arbeit. 

„Auch in Les Contes d’Hoffmann finden sich komische und parodistische Momente, aber es ist eine andere Komik als die der Belle Hélène oder der Grande Duchesse de Gérolstein. Aus der warmen Komik der Operetten ist eine groteske, beißende Komik à la E. T. A. Hoffmann geworden. Die leichte Opéra bouffe hat sich in den Contes zu einer Opérette grotesque gewandelt.“ 

Ist Hoffmann nicht ein zutiefst unsympathischer Charakter?

„Ich finde den Hoffmann der Oper als Charakter unglaublich unsympathisch. Ein betrunkener, depressiver Mann, der voll von Selbstmitleid drei Stunden lang von einem narzisstischen Moment zum nächsten taumelt. Das berührt mich nicht, ja langweilt mich im Verlaufe des Abends zunehmend.“ 

Koskys Lösung? Er fügte eine Sprechrolle hinzu, verzichtete auf die originalen Dialoge der Oper und ließ stattdessen den originalen E. T. A. Hoffmann durch seine Texte sprechen.

„Auf diese Weise war es möglich, die ganze Welt dieser Oper mit all ihren Gestalten gleichsam in der Fantasie der hinzugefügten Hoffmann-Figur entstehen zu lassen. Dieser sich in seinen Fantasien verlierende, einsame Mann kann glaubhaft Emotionen zeigen, ohne im Selbstmitleid eines „armen Poeten“ zu ertrinken.“  

Ein Hoffmann ist zu viel des Guten? Wie wär’s mit dreien?

Um Hoffmanns Identitätsverlust zu illustrieren und die romantische Idee des Doppelgängers aufzugreifen lässt Kosky gleich drei Darsteller in der Titelrolle auftreten.

„Es war fast eine Fügung des Schicksals, als wir im Laufe der Vorbereitungen darauf stießen, dass Offenbach die Titelpartie ursprünglich für Bariton geplant hatte und die ersten beiden Akte der Oper auch tatsächlich in einer Bariton-Version vorliegen. Die Gesangspartie einfach unter zwei Tenören aufzuteilen, wäre für mich nie infrage gekommen. Aber mit drei auch stimmlich unterschiedlichen Hoffmann-Figuren bekommt das Stück für mich eine ganz neue Dimension.“ 

Drei Darsteller für einen Hoffmann, schön und gut. Aber eine einzige Sängerin für die vier angebeteten Frauen?​

„Nicht nur die Bösewichte sind ein Produkt der Fantasie Hoffmanns, auch die Frauen. In Wirklichkeit existiert keine von ihnen. Nicht einmal Stella. Sie ist Hoffmanns Projektion einer idealen Bühnenkünstlerin. Sie ist die Fleisch gewordene Stimme. In den drei anderen Frauen versucht Hoffmann diese Idealfrau wiederzufinden. Aber es ist doch uninteressant, drei Stunden lang einem Mann auf seiner Suche nach der perfekten Frau zu folgen.“  

Darunter aber steckt etwas viel Interessanteres: 

„Die Beziehung des heterosexuellen Mannes zu Frauen ist geprägt von seinen eigenen Ängsten; seiner Furcht vor Impotenz, dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit – Ängsten, die er auf das andere Geschlecht projiziert. Es geht in Les Contes d’Hoffmann nicht um die Beziehung zwischen Frauen und Männern, sondern um die Verlustängste eines Mannes: Hoffmann.“