Halka und die Geburt einer nationalen Oper

Halka war bei der Premiere in Vilnius ein Flop, doch heute steht die Oper im Mittelpunkt des polnischen Repertoires. Wie kam es zu dieser Schicksalswende? Der Musikkritiker und Radiojournalist Piotr Kamiński zeichnet die Höhen und Tiefen der ersten Oper von Stanisław Moniuszko auf.

Nach der Veröffentlichung von Stanisław Moniuszkos zweitem Liederbuch für den Hausgebrauch 1845 in Vilnius ging der Komponist nach Warschau. Dort traf er einen jungen politisch radikalisierten Dichter namens Włodzimierz Wolski, der gerade ein Gedicht mit dem Titel „Halszka“ nach Kazimierz Władysław Wójcickis Novelle Góralka (Das Hochland-Mädchen) geschrieben hatte. Das Gedicht wurde von der Zensur verboten, aber Wolski schlug dennoch vor, es zu einem Libretto umzuarbeiten. Die Diskussionen zu diesem Thema, an denen auch der Kritiker Józef Sikorski und der Ethnograph Oskar Kolberg beteiligt waren, trugen Früchte in Form einer zweiteiligen Oper, der heutigen Halka.

Sikorski präsentierte umgehend die Partitur den Verantwortlichen des Teatr Wielki in Warschau, das damals von Tomasz Nidecki geleitet wurde, der sie zuerst akzeptierte, dann aber ablehnte. So erhielt das Werk sein Debüt in einer konzertanten Fassung im Haus der Schwiegereltern von Moniuszko in Vilnius. Eine voll inszenierte Produktion wurde nur sechs Jahre später, am 16. Februar 1854, erneut in Vilnius uraufgeführt.

Die Reaktionen waren eher negativ. Halka wurde als unmoralisch und unpatriotisch angesehen. Doch Moniuszko hatte sich nicht umsonst bemüht, denn die Erfahrung war für ihn eine Chance, die Stärken und Schwächen seines ersten Bühnenwerks zu testen. Nun, nachdem er zwei Operetten abgeschlossen hatte, nämlich Cyganie und Bettly, war er sich deutlich selbstbewusster. Außerdem hatte er Sankt Petersburg besucht, wo er Halka mit Alexander Dargomyzhsky besprach. Der Komponist war von dem Stück begeistert und ließ sich wahrscheinlich beim Schreiben seiner Rusalka davon inspirieren.

1856 überarbeitete Moniuszko die Partitur und fügte Jontek und Janusz' Duett und die Volkstänze hinzu. Ermutigt durch das positive Feedback des Teatr Wielki in Warschau, das nun von Jan Quattrini geleitet wurde, nahm Moniuszko weitere Revisionen vor.

In Zusammenarbeit mit Wolski und unter der unterstützenden, aber kritischen Aufsicht seiner Freunde arbeitete er an den beliebtesten Fragmenten der Oper: Stolniks Arie und Mazurka, Halkas große Arie „Gdyby rannym słonkiem“ und Jonteks Arie „Szumią jodły“ im vierten Akt. Jonteks Part wurde für Tenor transponiert.

Die neue Fassung des Werkes wurde in vier Akte unterteilt. Die Premiere am 1. Januar 1858 war ein Triumph, der als große künstlerische Leistung und patriotisches Ereignis gefeiert wurde. Heutzutage gilt das Datum als der Geburtstag der polnischen Oper. Halka wurde 150 Mal zu Lebzeiten des Komponisten aufgeführt und erlebte vor Ende des Jahrhunderts über 500 Aufführungen. Mitte der 1930er Jahre waren es über 1000.

1953, gegen Ende seines Lebens, schuf der polnische Theater- und Filmregisseur Leon Schiller in Warschau eine Halka-Produktion, die noch im selben Jahr an der Berliner Staatsoper gastierte. In Anlehnung an die Strenge des sozialistischen Realismus betonte seine Interpretation das Element des Klassenkampfes und änderte dazu sogar das Libretto. Von vielen hoch gelobt und von anderen kritisiert, wurde Schillers berühmte Inszenierung zu einer Referenz für zukünftige Produktionen.

In den 161 Jahren seit der triumphalen Uraufführung der überarbeiteten Fassung von Halka gewann die Oper einen festen Platz im polnischen Repertoire. Sie wird zu besonderen Anlässen inszeniert, wie z.B. der Wiedereröffnung des Teatr Wielki 1965. Obwohl die Oper außerhalb Polens kaum gezeigt wird, ist die verstorbene Maria Fołtyn, eine der prominentesten „Halkas“ der Nachkriegszeit, für ihre Bemühungen um die Förderung von Moniuszkos großer Oper im Ausland besonders zu erwähnen.

Piotr Kamiński ist der Autor von Tysiąc i jedna opera (Tausend und eine Opern), erschienen 2008 bei PWM Edition.