Von der Abgeschiedenheit zur Gemeinschaft

Es ist offensichtlich, dass für die finnische Komponistin Kaija Saariaho das Komponieren auf ein tiefes inneres Bedürfnis antwortet. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass es auch eine anspruchsvolle und einsame Aufgabe ist. Um die Jahrtausendwende fand Saariaho in der kollaborativen Ausdrucksform der Oper einen Ausweg aus der zurückgezogenen Tätigkeit des Komponierens und führt sie seither beständig fort.

Beginnend mit dem gefeierten L'amour de loin begann Saariaho eine bedeutungsvolle Zusammenarbeit mit dem im Libanon geborenen französischen Autor Amin Maalouf, die im Laufe der Jahre zu vier Opern führte. Viele dieser Werke wurden in Inszenierungen des amerikanischen Opernregisseurs Peter Sellars uraufgeführt. Dank der sich ergänzenden Rollen des Trios entstanden vielschichtige Werke.

Kaija Saariaho
„Wenn die Zusammenarbeit dieser verschiedenen Disziplinen gelingt, wird die Oper zu einem kraftvollen, tiefgründigen und immer aktuellen Erlebnis, das alle Sinne anspricht und uns herausfordert wie keine andere Kunstform. Sich ein szenisches Werk vorzustellen, bedeutet, sich für andere und die Welt zu öffnen und eine sensible Interpretation der uns umgebenden Realität vorzuschlagen.“

Nehmen wir zum Beispiel La Passion de Simone, ihr drittes Werk, ein Oratorium für Solosopran, Chor, Orchester und Elektronik, das im November 2006 in Wien im Rahmen von Peter Sellars' New Crowned Hope Festival seine Premiere feierte. In 15 Stationen dreht es sich um die Figur der französischen Mystikerin, Philosophin und politischen Aktivistin Simone Weil, die 1943 in Großbritannien starb, wo sie versucht hatte, sich der französischen Widerstandsbewegung anzuschließen.

La Passion ist ein Gemeinschaftswerk und trägt die Handschrift eines jeden seiner Mitschöpfer. Maalouf, bekannt für seine historischen Romane, fügte viele interessante biografische Details in sein orakelhaftes Libretto ein, während der Kulturaktivist Sellars die sozialen Themen hervorhob, denen Simone Weil einen Großteil ihres Lebens widmete. Mit Saariahos eigenem Interesse an ihrer spirituellen Suche und abstrakten, fast mathematischen Beschäftigungen ist das Endergebnis eine faszinierende Reise in die Kluft zwischen Simone Weils Philosophie und ihrem Leben, die die Zerbrechlichkeit eines menschlichen Lebens inmitten überlebensgroßer Ideen und der Suche nach Wahrheit offenbart.  

Anlässlich der 1. Aufführung ihres Werkes am Royal Swedish Opera, trifft Kaija Saariaho die Dramaturgin Katarina Aronsson auf der Bühne zu einem intimen Gespräch. Am Samstag, den 16. Januar um 20:30 Uhr MEZ, nach dem Stream von La Passion de Simone, werden Sie die Gelegenheit haben, ihr zuzuhören, wie sie u.a. über ihre Zusammenarbeit mit Maalouf und Sellars spricht und warum sie La Passion de Simone als ihr musikalisches Testament betrachtet.

Diese Vorstellung ist nicht mehr auf unserer Plattform verfügbar. Sie können aber weiterhin das Bonusmaterial der Produktion hier nutzen.