Il signor Bruschino
Rossini in Wildbad

Il signor Bruschino

Rossini
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Gesungen auf
Italienisch
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Italienisch

Der reiche Gaudenzio hat sein Mündel Sofia ungefragt dem Sohn seines Freundes Bruschino versprochen. Doch dieser wird in einem Gasthaus mit einer Trinkschuld festgehalten. Florville, Sofias Liebhaber, gibt sich kurzerhand als Bruschino junior aus. Der Identitätsdiebstahl führt zu einer absurden Situation, denn alle Welt nimmt an, dass der alte Bruschino seine Vaterschaft leugnet - bis in der größten Verwirrung der verlorene Sohn auftaucht.

Il Signor Bruschino ist zwar ein relativ frühes Werk Rossinis (1813), zeigt den Komponisten aber bereits auf dem Höhepunkt seines ungeheuerlichen Opern-Buffa-Stils. Es ist ein Meisterwerk an komödiantischem Schwung und Einfallsreichtum. Rossinis originelle Musik ist von Anfang an präsent; in der Ouvertüre klopfen die zweiten Geigen mit ihren Bögen auf die metallenen Kerzenhalter, die an ihren Notenständern befestigt sind, in einer rhythmischen Geste, die sich durch das ganze Stück zieht. Der Schauplatz dieser Produktion ist ebenso bezaubernd. Im wildromantischen Kurpark mitten im Schwarzwald steht das Kurtheater von 1864, das einem Schweizer Chalet mit neobarocken Elementen nicht unähnlich ist. Das Kurtheater mit seinen gerade mal 200 Sitzen wurde 2005 mit Schirmherrin Joan Sutherland wiedereröffnet und ist seither das Herzstück des bemerkenswerten Sommerfestivals Rossini in Wildbad, das von Jochen Schönleber geleitet wird, der auch bei dieser Inszenierung mit einer exzellenten Besetzung von Rossini-Stimmen Regie führt.

Besetzung

Gaudenzio, Vormund
Giorgio Caoduro
Sofia, sein Mündel
Eleonora Bellocci
Bruschino, der Vater
Emmanuel Franco
Bruschino, der Sohn
Francesco Lucii
Florville, Liebhaber von Sofia
Hyunduk Kim
Kriminalkommissar
Filiberto Francesco Bruno
Filiberto, Wirt
Francesco Bossi
Marianna, Dienerin
Camilla Carol Farias
Orchester
Kraków Philharmonic Orchestra
...
Musik
Gioachino Rossini
Text
Giuseppe Maria Foppa
Dirigent
José Miguel Pérez-Sierra
Regie
Jochen Schönleber
Bühne
Jochen Schönleber
adapted from an idea by Anton Lukas
Kostüme
Olesja Maurer
Pianoforte
Gianluca Ascheri
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VIDEOS

Trailer

Sneak Peek: Il signor Bruschino

Rossinis farsa mit strahlender Musik und witzigen Verwechslungen.

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Ausschnitt

Ah voi condur volete...Ah donate il caro sposo

Eleonora Bellocci singt „Ah voi condur volete...Ah donate il caro sposo“ aus Rossinis Oper Il signor Bruschino.

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Ausschnitt

Nel teatro del gran mondo

Rossini in Wildbad präsentiert Il signor Bruschino, dirigiert von José Miguel Pérez-Sierra und inszeniert von Jochen Schönleber. Gaudenzio (Giorgio Caoduro) beabsichtigt, seine Patentochter Sofia zu seinem eigenen Vorteil zu verheiraten und Florville, Sofias Geliebten, zu verlassen. In dieser Rossinianischen Koloraturarie erklärt Gaudenzio die Vorzüge des Lebens in einer Welt, die letztlich wie ein Theater ist.

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HANDLUNG

Florville kehrt nach längerer Abwesenheit zurück, um vor dem Haus ihres Vormunds Gaudenzio seine geliebte Sofia wiederzusehen. Die Hausangestellte Marianna erwartet ihn und macht beunruhigende Andeutungen. Da erscheint auch Sofia, und für kurze Zeit sind die beiden vereint. Sofia klärt Florville darüber auf, dass der Vormund sie bereits dem Sohn eines gewissen Bruschino versprochen hat. Unbeirrbar beschließen beide, sich über diesen Plan hinwegzusetzen.

Der Gastwirt Filiberto erscheint. Florville stellt sich ihm als Bruschinos Beauftragter vor und erfährt auf diese Weise, dass Filiberto den jungen Bruschino eingesperrt hat, da dieser ihm nach Exzessen noch Geld schuldet. Einen Brief, in dem der Festgehaltene seinen Vater um Geld bittet und den Gaudenzio befördern soll, kann Florville dem Wirt abluchsen, indem er sich als Vetter des Gefangenen ausgibt und einen Teil der geforderten Summe bezahlt – unter der Bedingung allerdings, dass Filiberto jenen erst freilässt, wenn auch der Rest der Schuld beglichen ist. Wieder allein, konkretisiert Florville den Plan, sich als Bruschino junior auszugeben und Marianna einzuweihen.

Gaudenzio hängt seinen melancholischen Gedanken über den Lauf der Welt nach, als ihm Marianna einen von Florville fingierten Brief seines alten Freundes Bruschino überreicht, in dem jener sich für die Liederlichkeit seines Sohnes entschuldigt und ihn auffordert den Tauge-nichts, sobald er auftaucht, festzuhalten. Prompt führen Bedienstete Florville alias Bruschino junior herein. Mit väterlicher Güte verzeiht Gaudenzio seinem künftigen Schwiegersohn alle Streiche. Da erscheint Signor Bruschino (Herr Ruppig) senior, wütend über die finanziellen Eskapaden seines Sprosses; er leidet zudem an der Gicht und der Hitze. Als sich Florville als Bruschino junior vorstellt, glaubt er sich von Wahnsinnigen umgeben und ruft schließlich konfus und verzweifelt nach dem Polizeikommissar. Die Hitze überwältigt ihn.

Gaudenzio lässt Sofia herbeiholen, die Bruschino von seinem vermeintlichen Vorhaben abbringen soll, seinen Sohn  zu verstoßen. Rührende Bitten der raffinierten Verliebten fruchten bei dem Alten ebenso wenig wie Drohungen. Der endlich eingetroffene Kommissar bringt einen Brief des echten Bruschino junior mit, in dem dieser den Empfänger bittet, sich bei seinem Vater für ihn zu verwenden. Der Vergleich der Handschrift dieses Briefes mit derjenigen des Schreibens an Gaudenzio beweist für  den Kommissar eindeutig, dass Florville Bruschinos Sohn ist. Der alte Bruschino gerät darüber vollends außer sich und bleibt allein zurück. Erst Filiberto, der gekommen ist, um den Rest seiner Schulden einzutreiben, enthüllt ihm die wahren Zusammenhänge. Bruschino senior schmiedet Rachepläne: Um zu verhindern, dass Gaudenzio Florville rechtzeitig als den Sohn seines Erzfeindes entlarven kann, spielt er die Komödie mit, erkennt den jungen Mann zu dessen Verblüffung endlich als seinen Sohn an und fordert den sofortigen Vollzug der Trauung. Die Rückkehr Filibertos mit dem endlich befreiten echten Bruschino junior würde nun seine Intrige zunichtemachen, wäre die Hochzeitsurkunde nicht bereits unterschrieben. Notgedrungen verzeiht Gaudenzio und macht gute Miene zum bösen Spiel. Bruschinos Geradlinigkeit trägt den Sieg davon.

EINBLICKE

Notizen zum Regiekonzept von Jochen Schönleber

Unser Signor Bruschino von 2009 mit den großartigen Komödianten Stefania Bonfadelli und Bruno Praticò war ein Riesenspaß. Deswegen haben wir eine Neuauflage ins Auge gefasst. 

Die Handlung spielt für uns in den sechziger Jahren in einem etwas heruntergekommenen Strandbad an der Enz (oder vielleicht auch an der Adria?). Damals schrieb man ja noch Briefe und keine SMS, das beeinflusste die Suche nach einem zeitlichen Rahmen. Gaudenzio hat wirtschaftliche Schwierigkeiten, die er durch den reichen Herrn Bruschino zu lösen hofft. Er will das sommerliche „Wohnzimmer“ aller Pesaresen, äh Wildbader, also das Strandbad, erweitern und noch mehr Strandliegen darin unterbringen. Dazu bedarf es einer Heirat seines Mündels Sofia mit dem Sohn von Bruschino, den er allerdings noch nie gesehen hat. Gaudenzio ist nicht der böse Vormund, er will seiner Sofia wohl vorwiegend Gutes, aber er ist (in der Logik des 18. Jahrhunderts) schuldhaft fahrlässig, weil er den Bräutigam nicht einmal prüft und zu sehr fixiert auf seine eigenen Ziele ist, um vernünftig handeln zu können. Das Türen auf – Türen zu des Strandbads ist ein sehr effektives Tempomittel bei Komödien und hier funktioniert es prima. 

Der Kühlschrank, zentrales Requisit, entstand aus dem repetierten „Uh che caldo“ – „Puh, welche Hitze!“ des Herrn Ruppig. Deshalb kühlt sich Herr Bruschino darin ab. Aber auch alle anderen haben ihren eigenen Bezug zu dem Gerät. 

In der Sprache wie im Theater gilt die Regel, dass die Gegenstände ihre Bedeutung durch Gebrauch erhalten: Einmal sagt nichts, zweimal sagt etwas und dreimal sagt viel. Und so gibt es eine Menge Requisiten mit doppelter oder vielfacher Bedeutung. Strandflaggen signalisieren nicht nur ungefährliches Baden, sondern auch explosive Stimmungen, ein Krokodil als Badetier kann auch anders, usw. Und dazu kommt noch die Doppelbödigkeit der Handlungen und Rollen. Es ist ja in dem Duett vollständig klar, dass Sofia mehr über die Liebe weiß als der trottelige Gaudenzio. Das haben wir in der Duschszene, denke ich, gut gezeigt. Die ganzen Paradoxe des Librettos erfahren in dieser Szene ihre Zuspitzung. 

Der zentrale Schlusspunkt für meine Interpretation war, dass nichts ist, wie es scheint, aber dass es eine Form von Zuneigung gibt, die über alle Anfechtungen hinaus bestehen bleibt: Dies ist die große Humanität des polterigen Herrn „Ruppig“. Er bekommt einen falschen, aber cleveren Sohn angeboten und bekennt sich am Schluss zu seinem eigenen, gescheiterten Filius. Ob dieser wirklich Reue zeigt? Ich glaube, das ist nur noch so ein Rest von Schuldbewusstsein des missratenen Bräutigams, im Übrigen ist er einfach völlig betrunken. Das Schöne ist aber, dass Bruschino sich nur maßvoll und eher pädagogisch rächt: Er lässt den übereifrigen Gaudenzio auflaufen und zieht auch die Liebenden an den Ohren, hilft ihnen aber am Schluss, ihre Not zu erklären und zwingt Gaudenzio zum Einverständnis. Das ist eine schöne Wendung der rauen Außenseite in ein weiches, humanes Inneres. 

Ich freue mich darauf, diese temporeiche Komödie für unsere kleinste, aber feine Bühne einem großen Publikum zu zeigen.