Ein Graf hat es auf die Verlobte seines Kammerdieners abgesehen und ist entschlossen, ihre Hochzeit zu verhindern. In der Zwischenzeit versucht die Gräfin, die Liebe ihres Mannes mit allen Mitteln zurückzugewinnen.
Mozarts große komische Oper ist ein Märchen der Intrigen, Missverständnisse und Vergebung. Regisseurin Lydia Steier kitzelt aus der Mischung von Opulenz und schwarzem Humor die berührende Melancholie der Figuren heraus. Als „Opernhaus des Jahres“ vom Magazin Oper! im Jahr 2020 gekürt, befindet sich die Staatsoper Hannover in einem künstlerischen Hoch und freut sich, diese Produktion über OperaVision weltweit zu zeigen.
Besetzung
Graf Almaviva | Germán Olvera |
---|---|
Countess Almaviva | Kiandra Howarth |
Susanna | Sarah Brady |
Figaro | Richard Walshe |
Cherubino | Nina van Essen |
Marcellina | Iris van Wijnen |
Bartolo | Daniel Eggert |
Basilio | Philipp Kapeller |
Don Curzio | Peter O’Reilly |
Barbarina | Petra Radulovic |
Antonio | Frank Schneiders |
Chor | Chor der Staatsoper Hannover |
Orchester | Niedersächsisches Staatsorchester Hannover |
... |
Musik | Wolfgang Amadeus Mozart |
---|---|
Text | Lorenzo da Ponte |
Musikalische Leitung | Giulio Cilona |
Inszenierung | Lydia Steier |
Bühne | Momme Hinrichs |
Licht | Elana Siberski |
Kostüme | Alfred Mayerhofer |
Chorleitung | Lorenzo Da Rio |
... |
Video
Handlung
Akt I
Es ist der Tag der Hochzeit von Figaro und Susanna, die Kammerzofe der Gräfin. Figaro, der Kammerdiener des Grafen, beurteilt das Schlafzimmer, das ihm von seinem Dienstherrn angeboten wurde: es grenzt praktischerweise an den Zimmern des Grafen und der Gräfin an. Susanna weist darauf hin, dass das Zimmer immer noch praktischerweise naheliegt, wenn der Graf das „Droit de Seigneur”, ein feudales Gesetz, das dem lokalen Grafen erlaubt, die Braut zu entjungfern, zurückberuft. Ein Gesetz, das er erst kürzlich abschaffte. Figaro entscheidet sich seinen Meister zu überlisten.
Aber Figaro schuldet Marcellina immer noch Geld und hatte ihr damals versprochen sie zu heiraten, wenn er es nicht schaffen sollte seine Schulden zu begleichen. Er hatte ebenfalls den Zorn von Dr. Bartolo, der ehemalige Beschützer der Gräfin, auf sich gezogen, da er half die Hochzeit des Grafen und der Gräfin zu Stande zu bringen. Zudem bittet der junge Page Cherubino Susanna um Fürsprache bei dem Grafen, der ihn entlassen hatte, nachdem er ihn alleine mit Antonios Tochter Barbarina erwischt hatte.
Plötzlich erscheint der Graf, der Verwirrung stiftet. Cherubino versteckt sich und hört die Annäherungsversuche des Grafens an Susanna. Der Graf wiederum versteckt sich und überhört Basilio, den Musiklehrer, der Unterstellungen über Cherubino und der Gräfin macht. Der Graf kommt zum Vorschein, entdeckt den unglücklichen Pagen und verweist ihn in seine Armee.
Akt II
Der Akt beginnt mit der weinenden Gräfin, die über den Grafen jammert, der sie nicht mehr liebt. Figaro verrät seinen Plan den Grafen zu überlisten: Er versandt ihm einen anonymen Brief, der besagt, dass die Gräfin einen Liebhaber besitzt. Susanna weist darauf hin, dass Marcellina immer noch die Schulden erlassen und man so die Hochzeit verhindern kann: ein zweiter Plan wird geschmiedet. Susanna stimmt einem Treffen mit dem Grafen in dem Garten zu, doch Cherubino wird als sie getarnt erscheinen. Figaro beauftragt seine Frau Cherubino angemessen zu kleiden.
Der Page turtelt mit den Frauen, indem er seine neueste Komposition vorsingt. Er war noch halbnackt, als der Graf ankam. Durch Figaros Brief ist er eifersüchtig und wütend. Cherubino, der sich im Kleiderschrank versteckt hat, stößt einen Stuhl um. Panisch gibt die Gräfin vor, dass das Geräusch von Susanna kommt, aber verweigert ihm die Tür zu öffnen. In der Zwischenzeit rettet Susanna Cherubino, der aus dem Fenster geflüchtet ist. Susanna sperrt sich selbst in den Kleiderschrank.
Die Gräfin versucht ihrem Ehemann zu erklären, warum sich Cherubino im Kleiderschrank befindet. Sie ist genauso überrascht wie der Graf, als Susanna zum Vorschein kommt. Die zwei Frauen täuschen vor, dass der Vorfall ein Trick war, um den Grafen davon zu überzeugen, seine Gemahlin besser zu behandelt. Sie gestehen, dass Figaro den Brief schrieb, der sich danach zu ihnen gesellt, ahnungslos von der Offenbarung der Frauen an den Grafen. Als Bartolo, Basilio und Marcellina gegen Figaro Klage, um ihn zur Heirat zwischen ihm und Marcellina zu zwingen, erheben, triumphiert der Graf.
Akt III
Die Gräfin und Susanna eröffnen den dritten Akt mit einem Plan, um das amouröse Vorhaben des Grafens zu verhindern. Susanna stimmt einem Treffen am Abend im Garten mit dem Grafen zu, doch die Gräfin wird getarnt als ihre Magd hingehen.
Auf den Rat ihres Richters Don Curzio, bestand der Graf darauf, dass Figaro seine Schulden an Marcellina begleicht oder er sie auf der Stelle heiratet. Figaro wird zeitgerecht durch die Enthüllung seiner Verwandschaft zu Marcellina gerettet, denn er ist der verschollene Sohn von ihr und Bartolo. Alle, außer der Graf und Don Curzio umarmen sich vor Freude.
Endlich kann die Hochzeit von Figaro und Susanna gefeiert werden. Cherubino ist unmaskiert inmitten der Brautjungfern. Barbarina beschimpft den Grafen dafür, dass er Cherubino auf dem Schloss bleiben ließ. Susanna gibt dem Grafen den Brief der Gräfin, um dem späteren Treffen unter den Pinien zuzustimmen.
Akt IV
Alle warten im Garten: Der Graf und Figaro auf Susanna. Die Gräfin auf den Grafen. Bartolo und Basilio um die Wiederberufung des „Droit de Seigneur” zu bezeugen. Figaro schimpft Susanna für ihre Treuelosigkeit während sie sich auf die Folgen ihres Plans freut.
Cherubinos Anwesenheit ist vermutlich ein Disaster, jedoch erscheint der Graf und wirbt um „Susanna”, tatsächlich um seine Gemahlin. Der eifersüchtige Figaro wird mit Susanna konfrontiert, getarnt als Gräfin. Er erkennt seine Braut wieder, woraufhin sie sich versöhnen. Der Graf beobachtet die Beiden und glaubt seine Frau in den Armen seines Kammerdieners zu sehen. Er verurteilt sie. Die wahre Gräfin nimmt ihre Maske ab und vergibt ihrem Ehemann. Der Tag endet mit einer Feier.
Einblicke
4 Fragen an Dirigent Giulio Cilona
Wie kann Mozarts Musik im Jahr 2021 lebendig und „neu“ klingen?
Heutzutage wecken die romantisierten Mozart-Versionen des vergangenen Jahrhunderts bei vielen Dirigent:innen den Wunsch nach lebhaften Tempi, starken dynamischen Kontrasten und Authentizität. Die Unterschiede in den Interpretationen liegen in den Details, die nicht niedergeschrieben wurden, aber damals zur Aufführungspraxis gehörten. Heutzutage heißt es oft, der Dirigent habe dies frei interpretiert oder sich lediglich auf ein Gefühl verlassen. Da war mein Lehrer Bruno Weil immer sehr streng: „Vor so einem Meisterwerk muss ein Dirigent Diener der Musik bleiben.“ Mozarts Musik braucht keine extra „Hilfe“. Es steht alles da, die Musik ist Perfektion. Als Dirigent hat man lediglich die Aufgabe, die Aufmerksamkeit auf die kleinen, besonderen Details zu lenken, beispielsweise auch durch die Analyse des Manuskripts. Und dann muss man überlegen, wie man die Musik durch ungeschriebene Details ergänzen kann, um das überzeugendste musikalische Ergebnis zu bekommen. Also eher „treu“ als „neu“. Die heutige Tendenz, alles sehr lebhaft zu spielen, bedeutet nicht unbedingt „neu“. Wir wissen, dass Mozart als Dirigent seine Werke nie schnell genug dirigieren konnte, das Orchester konnte für ihn nie schnell genug spielen. Frisch und lebendig war es also sicherlich schon 1786.
Was ist an deiner Interpretation das Besondere? Worauf darf sich das Publikum in Hannover freuen?
Ich versuche, mich immer komplett in die Zeit des Komponisten zu versetzen. Also in einen Menschen, der nur die Musik bis 1786 kannte. Unsere Ohren des 21. Jahrhunderts haben alles gehört, und so überhören sie viel zu oft Details, versteckte Leitmotive und Witze. Diese Details möchte ich herausarbeiten und dem Publikum zugänglich machen. Es darf sich auf jede Menge Spaß, auf überraschende und spritzige musikalische Momente und auf große Gefühle freuen. Außerdem auf ein tolles Gesangsensemble. Die Sänger:innen werden auf der Bühne viel ausspielen, jede Rolle ist wichtig. Alle im Orchestergraben und auf der Bühne müssen sich um klare Artikulation bemühen und die richtige Klangebene – besonders in groß besetzten Nummern – einhalten, damit wir zusammen die größtmögliche Transparenz oder auch Klarheit in der Musik erreichen. Alles, was Mozart in Noten niederschrieb, muss verwendet und mit großer Bedeutung gespielt werden. Jede Note besitzt eine eigene dramatische und rhetorische Kraft.
Gibt es eine besondere Herausforderung für das Niedersächsische Staatsorchester?
Diese Musik auf modernen Instrumenten zu spielen ist keine leichte Aufgabe: Sie muss Spritzigkeit haben, gleichzeitig die richtige Balance und die passende Artikulation. Als junger Dirigent ist der Figaro als Repertoirestück, das oft gespielt wird, auch für mich eine Herausforderung. Ich muss das erfahrene Staatsorchester von meiner Arbeit und Interpretation überzeugen. Mozart klingt jeden Abend anders, wir im Orchestergraben nehmen die Stimmung und die Gefühle von der Bühne flexibel auf. Das wird uns allen großen Spaß machen!
Hast du eine Lieblingsstelle?
Die ruhigen Stellen, an denen man die Musik fließen und das Orchester spielen lassen kann. Durch wenige Bewegungen kann ich dann kleine musikalische Details zeigen und den Rest zusammen mit den Künstler:innen auf der Bühne genießen. Ich denke zum Beispiel an das unglaubliche Duett, das den 3. Akt eröffnet. Und: Die Oper hat für mich die beste Ouvertüre und die beste musikalische oder auch quasi religiöse Beschreibung einer Versöhnung, die je in dieser Welt komponiert wurde. Besser geht es einfach nicht.
Der belgisch-amerikanische Dirigent, Komponist und Pianist Giulio Cilona wurde in Connecticut (USA) geboren. Nach seiner Ausbildung in den Fächern Klavier, Komposition und Dirigieren in Brüssel und in Hannover, absolvierte er ein Studium im Fach Orchesterdirigieren an der Universität Mozarteum Salzburg. Parallel arbeitete er bereits als Assistent des GMD am Landestheater Salzburg und als Assistent/Repetitor für die Salzburger Oster- und Sommerfestspiele in Zusammenarbeit mit der Dresdner Semperoper. Am Mozarteum und bei verschiedenen Festivals dirigierte er u. a. Madama Butterfly, Rigoletto, Alcina, Les Contes d'Hoffmann sowie Philippe Boesmans Reigen mit dem Österreichischen Ensemble für Neue Musik und auch konzertante Aufführungen von Don Giovanni und Der Freischütz. Für seine Aufführung von La finta semplice wurde er von der Stiftung Mozarteum mit der Bernhard-Paumgartner-Medaille 2019 ausgezeichnet. Im sinfonischen Repertoire arbeitete er mit zahlreichen Orchestern in Europa und dirigierte u. a. Mahlers 5. Sinfonie am Stadttheater Wels und Brahms 2. Symphonie mit der Bad Reichenhall Philharmonie. Als Pianist erhielt er zahlreiche Preise bei renommierten internationalen Klavierwettbewerben und trat mit verschiedenen Orchestern auf. Als Komponist leitete er im Alter von 18 Jahren die Uraufführung seines Concertino für Klavier und Orchester und dirigierte bereits mehrmals eigene Werke. Seit Beginn der Spielzeit 2020/21 ist Giulio Cilona 2. Kapellmeister an der Staatsoper Hannover, in der er u. a. die Neueinstudierung von Hänsel und Gretel leitete.