Deutsche Oper am Rhein

Der Kaiser von Atlantis

Ullmann
Diese Vorstellung ist nicht mehr als Video auf unserer Plattform verfügbar. Sie können aber weiterhin das zusätzliche Material der Produktion nutzen.

Der Kaiser von Atlantis erklärt einen Krieg von allen gegen alle und verkündet, dass sein alter Verbündeter, der Tod, den Feldzug anführen wird. Beleidigt durch die Dreistigkeit des Kaisers weigert sich der Tod, jemanden sterben zu lassen, und richtet auf der ganzen Welt Verwüstungen an.

Die Entstehung von Der Kaiser von Atlantis als einzige erhaltene Oper, die in einem KZ komponiert wurde, erhebt sie zu einem einzigartigen Mahnmal gegen das Vergessen. Doch in der Inszenierung der Deutschen Oper am Rhein ist die Parabel vom lebendigen Tod nie mahnend, sondern ominös, bestürzend komisch und zutiefst menschlich.

Besetzung

Emperor Overall
Emmett O’Hanlon
Loudspeaker
Thorsten Grümbel
Death
Luke Stoker
Harlequin
David Fischer
A Soldier
Sergej Khomov
A girl
Anke Krabbe
Drummer
Kimberley Boettger-Soller
Orchester
Düsseldorfer Symphoniker
...
Musik
Viktor Ullmann
Dirigent
Axel Kober
Inszenierung
Ilaria Lanzino
Bühne
Emine Güner
Licht
Thomas Diek
Kostüme
Emine Güner
...

Video

Trailer

TRAILER | DER KAISER VON ATLANTIS Ullmann – Deutsche Oper am Rhein

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Hinter den Kulissen

Ilaria Lanzino (Regisseurin)

„Für mich ist das Wichtigste zu wissen, dass jeder Einzelne die Kraft besitzt, Widerstand zu leisten“, erklärt Ilaria Lanzino ihre Inszenierung von Der Kaiser von Atlantis in der Produktion Der Kaiser von Atlantis an der Deutschen Oper am Rhein.

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Hinter den Kulissen

Axel Kober (Dirigent)

„Viktor Ullmann war ein berühmter und sehr anerkannter renommierter Komponist zu seiner Zeit“, erklärt der Dirigent Axel Kober. Erfahren Sie mehr über Der Kaiser von Atlantis und die Produktion der Deutschen Oper am Rhein in diesem Kurzinterview.

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Handlung

In der maschinisierten Tötungsindustrie des Kaisers Overall von Atlantis sind Harlekin und Tod — „das Leben, das nicht mehr lachen und das Sterben, das nicht mehr weinen kann“ — nur noch Zaungäste in einer Welt, „die verlernt hat, am Leben sich zu freuen und des Todes zu sterben“. Als Overall den Krieg Aller gegen Alle verkündet, sieht sich der Tod endgültig seiner Würde beraubt und verweigert dem Kaiser fortan den Dienst.

Wo der Tod seinen Schrecken verliert, bricht sich das Leben Bahn. Doch welche Macht bleibt einem mörderischen Despoten, in dessen Reich niemand mehr sterben darf? Exekutionen können nicht mehr vollstreckt werden, Soldaten sich nicht mehr gegenseitig töten. Bald kommt es im ganzen Land zu erbittert geführten Aufständen lebender Toter gegen das erzwungene Unsterblichkeitsverdikt. Der Tod bietet an, seinen Streik zu beenden, falls der Kaiser das Opfer bringt, „als erster den neuen Tod zu leiden“. Overall nimmt Abschied und folgt dem Tod.

Einblicke

Lachen im Weinen

Als einzige erhaltene Oper, die in einem Konzentrationslager komponiert wurde, ist es verlockend, Der Kaiser von Atlantis angesichts von Unterdrückung und Vernichtung zu einer Gedenkstätte zu erheben. Als leuchtendes Beispiel für Mut und schöpferischen Willen unter den schlimmsten Umständen verdient sie Anerkennung für ihre einzigartige Stellung im Opernrepertoire. Dies sollte jedoch ihre Besonderheit und ihren inhärenten künstlerischen Wert nicht überschatten.

Viktor Ullmann komponierte seine Opernparabel Der Kaiser von Atlantis in den Entbehrungen und Schrecken des Konzentrationslagers Theresienstadt zu einem Libretto von Peter Kien. Während das Werk von den Lagerbedingungen vom Sujet bis zur Instrumentierung bestimmt wurde, geht sein dramatisches und musikalisches Interesse über seine einzigartige Entstehungsgeschichte hinaus. 

In knapp einer Stunde erzählt die Oper auf geradlinige Weise eine komplexe Geschichte. Die „omnivore musikalische Sprache, die sich sowohl auf klassische als auch auf populäre Stile stützt‟ (Alan Kozinn, New York Times) erinnert mal an Kurt Weills Kabarettmusik, mal an den frühen Arnold Schönberg, bei dem Ullmann in Wien studierte.

Kunst als Widerstand

Der Kaiser von Atlantis erzählt die Geschichte des paranoiden totalitären Kaisers Overall, der den Krieg mit einer solchen Leidenschaft führt, dass sogar der Tod beschließt, sich gegen ihn zu stellen. Durch die stille Akzeptanz der Massen an Ort und Stelle gehalten, verlieren die Fäden des kaiserlichen Unrechtssystems ihre Spannung in dem Moment, in dem der Tod ihnen widerspricht. 

Dieses allegorische Duo von Tod und Harlekin, welches das Leben darstellt, spiegelt seine Schöpfer wider, die von den Mitgefangenen als pflichtbewusst, ernst und unlustig (Viktor Ullmann) und naiv, einfallsreich und hilfreich (Peter Kien) beschrieben wurden. Ungeachtet der Absicht, die hinter dieser Ähnlichkeit steht, liegt eine symbolische Gerechtigkeit darin, dass Ullmann und Kien das, was ihnen im wirklichen Leben nicht möglich war, in Kunst umsetzen konnten. 

Ihr künstlerischer Ausdruck war ein Mittel des Widerstands, mit dem sie ihre Menschenwürde bekräftigten und ihren Lebenswillen zum Ausdruck brachten. Damit bewiesen sie, dass sie der europäischen kulturellen Tradition angehörten, aus der sie von den Nazis so brutal herausgerissen wurden.

Viktor Ullmann, ‘Goethe und Ghetto’
The only thing that needs to be emphasised is that I was encouraged and not hindered in my musical work by Theresienstadt, that we did not just sit by Babylon's rivers complaining and that our cultural will was adequate to our will to live.

Tragischerweise wurde dieser Wille viel zu früh vernichtet. Obwohl die Proben in vollem Gange waren, wurde das Projekt aus unbekannten Gründen vor der geplanten Premiere abgebrochen. Am 16. Oktober 1944 wurden Viktor Ullmann und sein Librettist Peter Kien im Rahmen der sogenannten „Künstlertransporte‟ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Ein wichtiges Erbe

Auch wenn die Schöpfer von Der Kaiser von Atlantis wie die meisten ihrer Mitstreiter getötet wurden, lebt ihr Vermächtnis weiter. „Es ruft uns dazu auf‟, meint Dramaturgin Anna Grundmeier, „wie der Harlekin dem Schicksal ins Gesicht zu lachen; wie der Tod das Unrecht nicht widerspruchslos hinzunehmen und sich gegen Willkür und Terror zu stellen.‟

Während „Lautsprecher‟ wieder einmal aufrührerische Parolen an ein jubelndes Publikum verteilen und „Trommler‟ durch das Versprechen einfacher Lösungen für komplexe Probleme ein großes Publikum anlocken, sollten wir der Deutschen Oper am Rhein dafür applaudieren, dass sie Der Kaiser von Atlantis inszeniert hat und sich gegen Ungerechtigkeit und Populismus einsetzt.