Phantome der Oper
Schon zu Beginn ihrer Zeit war die Oper eine provokante Kunst. Von Drama, über emotionsreichen Geschichten bis hin zu Psychothrillern: Der Spielplan strotzt nur so von Legenden und Mythen.
Unsere spukenden Geister und gruseligen Kreaturen warten in der Oper auf Dich! Zu jedem ausgewählten Charakter erwartet Dich eine Bewertung, die zum Fürchten ist. Einige dieser Opern stehen in der Sozialkritik, einige sind literarische Interpretationen aus übernatürlichen Geschichten... und andere sind zum Gruseln!
1. Falke aus Die Fledermaus (Strauss)
Johann Strauss wienerische Operette zählt definitiv dazu. Denn was passt besser in diese Jahreszeit als Fledermäuse? Dieses Stück bietet uns viele irrwitzige Momente: die Magd Adele, unsere tapfere Heldin, arbeitet sich bis zur High Society hoch und besucht verkleidet den extravaganten Ball des Prinzen Orlofsky. Ihre Dienstherrin Rosalinde ist auch maskiert. Sie verdächtigt ihren Ehemann fremdzugehen und will ihn auf frischer Tat ertappen um ihn bloß zu stellen. Beim Gesellschaftstanze tanzen die Beiden ungeschickt um ihn und Dr. Falke herum. Dr. Falke, besser bekannt als „Dr. Fledermaus“, bekam seinen Spitznamen nach dem Rauschmiss der Party eines Freundes, nach der er in seinem Fledermauskostüm, nachts, durch die Straßen Wiens lief.
Witzige Abenteuer führen zu einem Happy End.
Das Foto stammt aus dem nervenkitzelnden Stück „Die Fledermaus“ von der Welsh National Oper.
Geisterpunkte: 1/10. Fledermäuse, Maskenballtänzer, Intrigenspiele: aber leider keine richtigen Geister.
2. Amina aus La Sonnambula (Die Nachtwandlerin ; Bellini)
Amina lebt in einem malerischen Dorf in der Schweiz mit ihrer Adoptivmutter. Demnächst heiratet sie ihren Geliebten Elvino, doch alles geht schief. Armina schlafwandelt und sieht dabei aus wie ein Geist, so dass sie der Ursprung der dortigen Sagen wurde. In ihrer „Geisterform“ wandelt Amina in das Schlafzimmer des Grafes, und machte Elvino glaubwürdig, dass sie untreu gewesen sei. Eines nachts schlafwandelt Amina zu einer unsicheren Brücke, was den Zuschauer vor Angst aufschrecken lässt. Doch auch diese Oper schenkt dem Zuschauer ein Happy End, in dem Amina das anderen Ende der Brücke sicher erreicht und von ihrem Geliebten in die Arme genommen wird.
Dieses Konzertstück der Victoria Oper kommt aus dem weit entfernten Australien bis zu uns.
Geisterpunkte: 2/10. Sie ist kein echter Geist, doch wenn sie schlafwandelt passieren ihr viele unbeabsichtigte Dinge und das Ganze hat gruselige Auswirkungen.
3. Hanna und Jadwiga aus Straszny Dwor (Das Gespensterschloss von Moniuszko)
In Polen erwartet uns ein großes Gespensterschloss. Hier leben zwei Geister: Die Schwestern Hanna und Jadwiga. Sie sind die reizenden und wunderschönen Töchter des Schwertträgers Miecznik. Die jungen Soldaten Stefan und Zbigniew kamen erst kürzlich vom Krieg mit ihrem Knecht Maciej zurück. Ihre Tante Cześnikowa wünscht sich nichts mehr als die Beiden mit zwei hübschen, jungen Frauen ihrer Wahl vor dem Altar zu sehen. Sie hat sich die zwei Schwestern Hanna und Jadwiga ausgesucht, doch sie weiß, dass die Beiden eine große Bedrohung für ihren Plan darstellen. Cześnikowa beginnt Gerüchte über das Haus zu erzählen. Mit Verstärkung der dortigen Legenden, erschien das Haus wirklich als verflucht. Sie besucht das Haus und warnt Miecznik und seine Töchter vor den beiden jungen Soldaten, beschimpft sie als Feiglinge und entmutigt sie sich in die Männer zu verlieben. Die Brüder verstecken sich hinter den Gemälden und üben Tricksereien aus, die die Schwestern die Legende des verfluchten Hauses glaubhaft machen sollten. Unbekannte Geräusche hörte man nachts durch das Haus johlen und der Jäger Skoluba erzählte Maciej, dass die Gemälde unnatürliche Fähigkeiten besitzen. Die Schwestern werden zum Ziel der Geistergeschichte, doch alles endet in einer schönen Doppelhochzeit, trotz Cześnikowas Plans.
Genießen Sie Cześnikowas Arie aus der Aufnahme von 2015 des Wielki Theaters der Polish National Opera.
Geisterpunkte: 4/10. Obwohl Hanna und Jadwiga keine richtigen Geister sind, leben sie in einem Haus, indem man unbekannte Geräusche hört und gruselige Dinge geschehen. Man könnte Maciej, Stefan und Zbigniew verzeihen, dass sie nur „ein bisschen“ Angst hatten.
4. Charlotte und ihr Publikum in der Autumn Sonata (Herbstsonate; Fagerlund)
Diese Oper, ein Libretto von Gunilla Hemming und der Musik vom Komponisten Sebastian Fagerlund, basiert auf den gleichnamigen Ingmar Bergman Film. Konzertpianistin Charlotte besucht das Pfarrhaus, wo ihre Tochter Eva mit ihrem Ehemann Viktor lebt. Die letzten Jahre verbrachte sie mit Reisen, so konnte sie ihre beiden Töchter Eva und Helena seit Jahren nicht sehen. Helena hat eine Behinderung und spricht nicht. Eva und ihr Ehemann verloren ihren jungen Sohn, der ertrank. Helena frustriert Charlotte, die sich ein anbetendes Publikum vorstellt, eine Art griechischer Chor, der jede ihrer Entscheidungen unterstützt und bejubelt. Für Charlotte ist es zu anstrengend ihre Töchter zu besuchen. Sie beschließt früher zu gehen und ihr verehrtes Publikum stimmt ihr zu.
Der Star der Produktion der Finnish National Opera: Anne Sophie von Otter.
Geisterpunkte: 7/10. Charlotte hat sich nicht nur einen Geisterchor vorgestellt: Er folgt ihr auf Schritt und Tritt. In Gegenwart ihrer Töchter war sie unsichtbar wie ein Geist: abwesend, wenn sie am meisten gebraucht wurde. Sie führt das Geisterspiel fort und verschwindet Stück für Stück aus dem Leben ihrer Töchter als die Oper zu Ende geht.
5. Mélisande from Pelléas et Mélisande (Debussy)
Bei einer Quelle im Wald findet Prinz Golaud die weinende Mélisande. Sie behauptet, ihre Krone verloren zu haben. Aber wer ist sie? Niemand kennt sie und niemand weiß es. Sie geht mit Golaud, und sehr bald danach sind sie verheiratet. Doch es wird kein Happy End geben: Bald beginnt Mélisande eine Liebesbeziehung zu dem jüngeren Bruder ihres Mannes, Pelléas. Leidenschaft, Eifersucht und Wut ziehen sich durch dieses Liebesdreieck, mit verheerenden Folgen für alle Beteiligten.
Dieses Stück der Komischen Oper von Berlin wurde Live am 15. Oktober auf OperaVision übertragen.
Geisterpunkte: 10/10. Wir sind uns niemals sicher, wer Mèlisande ist. Es gibt keine bekannten Geschichten, keine Vergangenheit und keine Zukunft von ihr. Ihr tragischer Tod am Ende unterstreicht nur den Terror, der durch Maeterlincks Stück kursiert, zu dem Debussy eine bewegende und stimmungsvolle Musik komponierte. Sie ist wahrhaftig ein Gespenst: Sie gleitet wie ein Geist vorbei und in diesem kurzen Moment fällt die Welt eines jeden auseinander.