Der fliegende Holländer
Ein Kapitän ist dazu verflucht, für immer auf den Meeren der Welt zu segeln, er darf nur alle sieben Jahre an Land gehen. Wird er die Liebe einer treuen Frau finden, um den Fluch zu brechen?
In dieser groß angelegten Open-Air-Produktion des Staatlichen Musiktheaters Klaipeda wird Richard Wagners Oper nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt aufgeführt, an dem die ersten Motive des Fliegenden Holländers in der stürmischen Ostsee ihren Ursprung haben. Inmitten der kolossalen Bauten und Hebewerke einer historischen Werft beflügelt allein das Bühnenbild die Fantasie des Publikums. Die kühne Vision des Regisseurs Dalius Abaris ist im Licht eines Sommerabends an der litauischen Küste gefilmt und verfügt über die neueste Tonaufnahmetechnik.
Besetzung
Dutchman | Almas Švilpa |
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Senta | Sandra Janušaitė |
Daland | Tadas Girininkas |
Eric | Andris Ludvigs |
Daland’s Steersman | Rafailas Karpis |
Mary | Dalia Kužmarskytė |
Chor | Klaipėda State Music Theatre Chorus |
Orchester | Klaipėda State Music Theatre Symphony Orchestra |
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Musik | Richard Wagner |
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Text | Richard Wagner |
Music director and conductor | Modestas Pitrenas |
Concept and artistic direction | Dalius Abaris |
Regie | Gediminas Šeduikis |
Bühne | Dalius Abaris, Sigita Šimkūnaitė |
Licht | Andrius Stasiulis |
Costume and make-up designer | Sandra Straukaitė |
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Video
Handlung
Die Legende des Fliegenden Holländers
Ein tosender Sturm hat das heimkehrende Fischerboot in einer Bucht auf Grund gesetzt. Der Steuermann versucht, sich mit einem Lied bei Laune zu halten, schläft aber auf der Wache ein, zusammen mit der erschöpften Mannschaft und dem Schiffskapitän, Daland. Als der Sturm stärker wird, taucht ein seltsam aussehendes Schiff auf. Sein bleicher Kapitän ist der legendäre Fliegende Holländer, der zur ewigen Wanderschaft verdammt ist, unbehelligt von Stürmen und Piraten. Er kann weder auf dem Meer noch an Land Ruhe finden, wo es ihm erlaubt ist, alle sieben Jahre an Land zu gehen und nach der wahren Liebe zu suchen, die seine einzige Hoffnung auf Erlösung ist. Der Holländer bittet Kapitän Daland um Obdach und bietet ihm sein gesamtes Vermögen als Gegenleistung für die Unterbringung an. Verlockt von der Aussicht auf Reichtum, bietet Daland bereitwillig die Hand seiner Tochter Senta an. Ein Hoffnungsstrahl leuchtet in der Seele des Holländers auf: Gibt es eine Chance, dass er in Dalands Familie seine verlorene Heimat und durch die Liebe der treuen Senta die endgültige Erlösung findet? Derweil begrüßen die Matrosen den Rückenwind und bereiten ihre Schiffe zum Auslaufen vor.
Während sie auf die Rückkehr von Dalands Schiff warten, arbeiten die Mädchen in der Koje und singen. Senta nimmt ihre Umgebung nicht wahr und brütet über einem alten Medaillon mit dem Bild eines bleichen Seemanns. Sentas Freundinnen necken sie wegen des Jägers Erik, ihrem glühenden Verehrer. Ohne Rücksicht auf ihre scherzhaften Bemerkungen singt Senta eine Ballade, die sie schon als Kind mochte. Sie handelt von dem wandernden Seemann, dessen geheimnisvolles Schiff dazu verdammt ist, für immer auf See zu bleiben. Alle sieben Jahre kommt er an Land, um ein Mädchen zu suchen, das ihn so sehr liebt, dass sie ihm ein Leben lang die Treue hält. Fände er eine, würde sein Fluch enden - doch das tut er nie. Sentas Freundinnen sind gerührt von dem Schicksal des todgeweihten Wanderers, während sie von der Idee besessen ist, dass sie diejenige sein wird, die den Fliegenden Holländer vor dem Untergang bewahrt. Sentas Worte überraschen Erik, der von einer seltsamen Vorahnung übermannt wird. Er erzählt von einem Traum, in dem er Sentas Vater mit einem geheimnisvollen Fremden zurückkehren sah, der dem auf dem Medaillon abgebildeten ähnelt. Senta ist nun überzeugt - er ist ihr Schicksal. Erik verlässt sie verzweifelt.
Daland kommt unerwartet mit dem Holländer nach Hause und erzählt Senta von ihrer Begegnung und dem lukrativen Heiratsantrag seines Begleiters. Doch Senta nimmt kaum Notiz von ihrem Vater, auch nicht, als er seinen Gast als ihren Verlobten vorstellt. Der Holländer wendet seine Augen nicht von Senta ab, in der Hoffnung, dass ihre Liebe und Treue seinen Fluch aufheben wird. Daland lässt die beiden allein.
Die Matrosen feiern ihre sichere Rückkehr an Land. Sie rufen nach dem Schiff des Holländers und laden die Mannschaft ein, sich ihnen anzuschließen, aber das Schiff bleibt dunkel und still. Dalands Matrosen verspotten die geheimnisvolle Besatzung und necken die Mädchen, indem sie ihnen von dem Geisterschiff und seinem Kapitän erzählen. Plötzlich erhebt sich ein Sturm und vom Geisterschiff ertönt wilder Gesang. Dalands Männer versuchen, das Wehklagen mit ihrem fröhlichen Gesang zu übertönen, ziehen sich aber schließlich aus Angst zurück.
Als Erik von Sentas Verlobung erfährt, versucht er, sie davon abzubringen, ihr Leben an den unheimlichen Fremden zu binden. Senta ist nicht gewillt, auf ihn zu hören, denn sie hat einen Schwur geleistet und hat nun einen höheren Auftrag. Erik erinnert sie daraufhin an ihre gemeinsamen glücklichen Tage und seine Liebe zu ihr. Als der Holländer Senta zusammen mit Erik sieht, wird er von einem Gefühl des Verlustes heimgesucht, da er glaubt, dass auch Senta ihm keine ewige Treue geschenkt hat. Er verrät sein Geheimnis und macht sich auf den Weg zu seinem Schiff, um die endlose Wanderschaft fortzusetzen. Eriks und Dalands Versuche, Senta zurückzuhalten, sind vergeblich: Sie folgt dem Holländer, fest entschlossen, ihn von seinem Fluch zu befreien...
Einblicke
Mit dem Fliegenden Holländer schließt sich der Kreis
Ein stürmisches Prelude
Richard Wagner heiratete die deutsche Schauspielerin Wilhelmine „Minna“ Planer im Winter 1836. Ihre Beziehung war stürmisch, mit vielen Ausbrüchen des eifersüchtigen und besitzergreifenden Komponisten, welche Minna häufig in Tränen ausbrechen ließ. Die Schauspielerin hatte auch mit den Schulden ihres Mannes und die Drohungen von Seiten der Gläubiger ihm gegenüber zu kämpfen. Innerhalb von sechs Monaten verließ sie ihn für einen anderen Mann.
Um dem Fiasko zu entgehen, zog Wagner nach Riga (damals im Russischen Reich), wo der 26-Jährige Musikdirektor des Hoftheaters wurde und Minnas Schwester als Sängerin engagierte. Wagners Frau beschloss schließlich, sich ihm in Riga anzuschließen, aber sie lebten über ihren Verhältnissen, was ihnen noch mehr Schulden einbrachte. Das Paar versuchte von ihren Gläubigern wegzulaufen, aber da die Behörden bereits einen solchen Plan vermutet hatten, konfiszierten sie ihre Pässe.
Trotz des Risikos, von Grenzsoldaten erschossen zu werden, überquerten sie illegal Preußen. Sie nahmen dann einen Wagen zur Küste, aber er überschlug sich auf dem Weg, wobei Minna halb erdrückt wurde, was eine Fehlgeburt zur Folge hatte. Sie erreichten schließlich den Hafen von Pillau (heute Baltijsk in Kaliningrad) und gingen an Bord des Schiffes Thetis mit Kurs auf London, doch es geriet in einen Sturm und musste in einem norwegischen Fjord anlegen. Das Wetter und die Küste inspirierten Wagners Phantasie und er fragte die Seeleute nach der Legende des fliegenden Holländers. Nach einer furchterregenden 24-tägigen Reise, die eigentlich acht Tage gedauert hätte, kam Wagner mit seiner Frau an seiner Seite und seiner nächsten Oper im Kopf sicher in London an.
Ein geisterhaftes Schiff
Der Mythos eines Phantomschiffes, das dazu verurteilt war, für immer auf den Ozeanen zu segeln, ist wahrscheinlich im goldenen Zeitalter der Dutch East India Company im 17. Jahrhundert entstanden. Die erste Druckschrift erschien in John MacDonalds Reisebericht von 1790 Travels in various parts of Europe, Asia and Africa during a series of thirty years and upward, in dem Seeleuten der fliegenden Holländer während eines Sturms erscheint. Im Laufe des nächsten halben Jahrhunderts erschienen mehrere Geschichten, die von der Legende inspiriert wurden, einschließlich „Vanderdeckens Message Home“ und Samuel Taylor Coleridges Die Ballade vom alten Seemann.
Heinrich Heines Satireroman Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewopski führte als erster den verfluchten Kapitän ein, der alle sieben Jahre einen Fuß an Land setzte, um durch die Verehrung einer treuen Gattin gerettet zu werden. Heine nutze diese erlösende Kraft der Liebe als Mittel für ironischen Humor, doch als Wagner sein Libretto für Der fliegende Holländer schrieb, nahm er das Thema wörtlich und ernst. Der Mythos des fliegenden Holländers wurde seitdem in unzähligen Adaptionen nacherzählt, so etwa in dem Disneyfilm aus dem Jahre 2006: Fluch der Karibik 2.
Ein historisches Ereignis in einer historischen Umgebung
Nach 160 Jahren und zahllosen Bearbeitungen kehrt der Fliegende Holländer endlich an die Ufer des stürmischen Meeres zurück, an dem Wagner die Idee zur Oper zum ersten Mal kam. Im August 2020 inszenierte das Staatliche Musiktheater Klaipėda die allererste Produktion der Oper in Litauen. Das Projekt hätte nicht ehrgeiziger sein können und wurde als eines der meist gefeierten kulturellen Ereignisse des Jahres in Litauen gefeiert.
Die Aufführung fand in Klaipėda auf dem hundert Jahre alten Schiffshebewerk der Paul-Willy-Lindenau-Werft statt, dessen riesige Rahmenkonstruktionen und Hebewerke eine spektakuläre Kulisse für die Oper boten. Unter freiem Himmel inszeniert, konnten 1000 sozial distanzierte Zuschauer der Aufführung beiwohnen - ein seltenes Gemeinschaftserlebnis in einem Jahr der wiederholten Theaterschließungen.
Mit der Inszenierung in einem Kreuzfahrthafen stellte sich das künstlerische Team um den Konzept- und künstlerischen Leiter Dalius Abaris der Herausforderung, mit Regen und starken Windböen umzugehen. Mit Hilfe modernster Audiotechnik gelang es ihnen, sowohl das Orchester als auch die Sänger*innen so klingen zu lassen, als ob die Inszenierung in einem großen Konzertsaal stattfinden würde. Doch die extremen Wetterbedingungen waren nicht der einzige erschwerende Faktor der Produktion: Die Tontechniker*innen mussten auch mit den Darstellenden umgehen, die sich ständig über eine 50 Meter lange Bühne und sogar darüber hinaus bewegten. Abaris dazu: „Das war eine große Herausforderung, nicht nur für das Tonteam, sondern auch für die Interpreten. Wenn die Leute über 40 Meter voneinander entfernt sind, müssen die Sichtbarkeit der Monitorsysteme und die Beziehung zum Dirigenten einwandfrei sein.“
Die Produktion des Klaipėda State Music Theatre war sowohl ein Kritiker- als auch ein Publikumserfolg und wurde bei der Verleihung der litauischen Theaterpreise am 27. März 2021, den wichtigsten Preisen für darstellende Künste in Litauen, in fünf Kategorien nominiert. Von den fünf Nominierungen in den Kategorien beste Regie, bestes Bühnenbild und bester Solist gingen zwei Goldene Kreuze der Bühne an das Kreativteam von Der fliegende Holländer: Dalius Abaris wurde als bester Regisseur und Tadas Girininkas als bester Solist ausgezeichnet.