
Der Prozess

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Das sind die berühmten ersten Worte des Romans Der Prozess von Franz Kafka. Auch die gleichnamige Oper von Gottfried von Einem beginnt mit dieser mysteriösen Verhaftung. Plötzlich findet sich Josef K. in einer ihm unverständlichen Welt wieder – mit einer Anklage, von der er nichts weiß, die aber allen anderen klar zu sein scheint und doch unerklärlich bleibt; mit einem absurden Gerichtsverfahren, das doch strengen Regeln folgt; mit einer Verhaftung, die scheinbar keine Auswirkungen auf sein Leben hat und doch zu seinem Tod führt. Ist Josef K. das Opfer einer Verschwörung oder ist sein Glaube an eine Verschwörung die einzige Möglichkeit, eine unbegreifliche Welt zu erklären?
Gottfried von Einems Oper wurde 1953 uraufgeführt, als die Popularität von Kafkas Œuvre ihren ersten Höhepunkt erreicht hatte. In seiner Komposition verwendet von Einem pulsierende Rhythmen, wiederkehrende Strukturen und Anklänge an Jazz und Zwölftonmusik, um das subtile Grauen des Romans zu beschreiben, ohne dabei den grotesken Humor der Vorlage aus den Augen zu verlieren. Heute, 100 Jahre nach Kafkas Tod, in einer Welt des digitalen Überflusses und der permanenten Überwachung, sehen wir diesen Prozess in einem ganz anderen Licht. Die gefeierte neue Produktion am MusikTheater Wien in einer von Tobias Leppert eingerichteten Kammeropernfassung steht unter der musikalischen Leitung von Walter Kobéra und der Regie von Stefan Herheim.
BESETZUNG
Josef K. | Robert Murray |
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Die Frau | Anne-Fleur Werner |
Franz / Der Fabrikant / Der Geistliche | Alexander Grassauer |
Willem / Advokat | Timothy Connor |
Der Aufseher / Der Kanzleidirektor | Leo Mignonneau |
Der Student / Titorelli / 1. Junger Mann | Valentino Blasina |
Gerichtsdiener / Der Passant / 2. Junger Mann | Lukas Karzel |
Der Untersuchungsrichter / Onkel Albert / 3. Junger Mann | Philipp Schöllhorn |
Kafka | Fabian Tobias Huster |
Orchester | Klangforum Wien PPCM Academy |
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Musik | Gottfried von Einem Arrangement für kleines Orchester von Tobias Leppert |
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Text | Boris Blacher Heinz von Cramer |
Musikalische Leitung | Walter Kobéra |
Regie | Stefan Herheim |
Bühne | Silke Bauer |
Mitarbeit Bühne | Anna Kreinecker |
Kostüme | Nina Paireder |
Licht | Franz Tscheck |
Dramaturgie | Kai Weßler |
Filmregie | Philippe Ohl |
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CAMPUS-Kooperation mit Studierenden der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz and Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Koproduktion des MusikTheaters an der Wien in der Kammeroper mit der Neuen Oper Wien, unterstützt von der Gottfried von Einem Musik-Privatstiftung
© 1953 by Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin - Mit freundlicher Genehmigung von Boosey & Hawkes Bote & Bock, Berlin.
Eine Produktion von Heliane Media & Consulting im Auftrag der Vereinigten Bühnen Wien / MusikTheater an der Wien in der Kammeroper
© Heliane Media & Consulting / Vereinigte Bühnen Wien 2025. Alle Rechte vorbehalten
VIDEOS
Handlung
Erste Untersuchung
Die Verhaftung. Um acht Uhr morgens wird Josef K. in seiner Wohnung von zwei Männern, die sich als Wächter eines Gerichtes zu erkennen geben, seine Verhaftung mitgeteilt. Der Aufseher der Wächter erscheint mit drei weiteren Herren und spielt den Vorgang herunter. Als er Josef K. ermuntert, weiterhin seiner Arbeit als Prokurist einer Bank nachzugehen, vermutet dieser einen Justiz-irrtum. Allein gelassen, verfällt er in Gedanken über den Rechtsstaat.
Fräulein Bürstner. Josef K.s Nachbarin berichtet, dass sie eine Stelle bei einer Anwaltskanzlei antreten wird, und bietet Josef K. ihre Hilfe bei dem Prozess an. Sein Versuch, die Verhaftung für sie nachzuspielen, gerät zur erotisch aufgeladenen Auseinandersetzung.
Erste Untersuchung. Josef K. erscheint vor Gericht und hält eine flammende Rede gegen Willkür und Korruption der Justiz. Dafür erntet er Beifall, und bald erweist sich, dass der von ihm kritisierte Untersuchungsrichter eine sexuelle Beziehung mit einer Mitarbeiterin des Gerichts unterhält.
Die Frau des Gerichtsdieners. Die Geliebte des Unter-suchungsrichters bietet Josef K. ihre Hilfe an. Fasziniert und angewidert zugleich lässt er sich auf sie ein, bis ein weiterer Liebhaber von ihr erscheint – ein ungehobelter Student, der seine Ansprüche deutlich klarstellt. Josef K. will die Frau aus ihrer prekären Lage retten, doch sie lehnt ab und lässt sich vom Studenten zum Untersuchungs-richter tragen. Zu Josef K.s Verwunderung weiß der Ge-richtsdiener von den vielen Affären seiner Frau, begnügt sich aber mit Gewaltphantasien gegen deren Liebhaber.
Zweite Untersuchung. Josef K. kehrt zum Gericht zurück und wirft nun allen vor, sich gegen ihn verschworen zu haben. Der Untersuchungsrichter verkündet, dass der Angeklagte seine Vorteile verspielt hat.
Erneute Vorladung
Die Prügler. Weil Josef K. sich über sie beklagt habe, sollen die Wächter bestraft werden. Je mehr Josef K. sich be-müht, die beiden zu verschonen, umso mehr bestehen sie auf ihrer Prügelstrafe.
Erneute Vorladung. Ein Unbekannter erteilt Josef K. eine Warnung. Er soll pünktlich zu den Gerichtsterminen er-scheinen und sich korrekt verhalten.
Onkel Albert. Als Vorstandsmitglied der Partei hat sich Onkel Albert des Falles seines Neffen Josef K. angenom-men. Unangekündigt suchen beide den Advokaten Huld auf. Da der Advokat sich gerade mit einer Dame amüsiert, lässt er melden, dass er krank sei. Onkel Albert lässt sich jedoch nicht abwimmeln und entdeckt Leni – seine eigene Geliebte – aus dem Bett des Advokaten steigend. Für die entsprechende Gegenleistung ist Huld bereit, K.s Fall an-zunehmen, und lässt den Kanzleidirektor in Erscheinung treten, der angeblich als Einziger Josef K. retten könnte. Der aber hat inzwischen allein für Leni Augen und Ohren. Sie befiehlt ihm, sich dem Gericht zu unterwerfen und ein Geständnis abzulegen, denn nur dann wird er seiner wahren Bestimmung folgen können. Mit einem rausch-haften Kuss besiegelt Josef K. seinen Bund mit der Frau.
Der Fabrikant. Die Aussicht auf das große Glück weicht bald dem Alltag des Bankangestellten. Einer von Josef K.s Geschäftspartnern rät ihm, einen Künstler aufzusuchen, der die Richter portraitiert.
Der Maler. Titorelli klärt K. über die unlösbare Verstrickung des Angeklagten mit dem Gericht auf. Diese Beratung desillusioniert Josef K. umso mehr, als der Maler sich währenddessen unentwegt mit einer Frau in Lust ergeht, die Josef K. als hässlichen Menschen beschimpft.
Im Dom. Josef K. glaubt, seinem endgültigen Richter in Ge-stalt eines Geistlichen zu begegnen. Dieser sieht voraus, dass der Prozess schlecht enden wird, und wirft Josef K. vor, zu viel fremde Hilfe bei Frauen zu suchen. Josef K. erkennt, wie sehr er seine männlichen Ängste und unerfüllten Sehn-süchte auf die Frauen projiziert. Der Geistliche entzieht sich eines klaren Urteils und lässt Josef K. ratlos zurück.
Die Hinrichtung. Zwischen Hoffnung und Verurteilung hat Josef K. jegliche Orientierung und sich selbst verloren. Für ihn ist somit das Spiel aus.
GALERIE











