Opera Ballet Vlaanderen

Die Fremde

Henderickx
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Englisch
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Englisch
Niederländisch

Zum Gedenken an den Komponisten Wim Henderickx, verstorben am 18. Dezember 2022.

In Zeiten religiöser Gewalt ist die junge Mutter Vigdis Adelaïs hin- und hergerissen zwischen ihrer christlichen Erziehung und dem jüdischen Glauben, den sie aus Liebe angenommen hat.

Der belgische Komponist Wim Henderickx und der Librettist Krystian Lada haben aus Stefan Hertmans' eindringlichem Roman über Identität, unmögliche Liebe, Glauben und menschliche Stärke eine neue Oper geschaffen. Westliche Alte Musik, Moderne und Filmmusik verschmelzen mit jüdischen und arabischen Traditionen zu einer zeitgenössischen Oper, in der die epische Geschichte von Vigdis durch Klang erzählt wird. Koen Kessels stellt sich der Herausforderung, nicht nur das Orchester, den Chor und den Kinderchor des Opera Ballet Vlaanderen zu dirigieren, sondern auch eine Besetzung mit Sänger:innen aus verschiedenen Gesangstraditionen, Instrumentalist:innen, die Qanûn, Duduk oder Oud spielen, und einen neu gegründeten Stadtchor, der sich aus Antwerpener Bürger:innen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammensetzt.

Besetzung

Vigdis
Lore Binon
David, Shipowner, Embriachi
Vincenzo Neri
Chaperon, Agatha
Amel Brahim-Djelloul
Lutgardis, Fake Messiah
Françoise Atlan
Celebrant, Urbanus
Daniel Arnaldos
Rabbi Obadiah
Luvuyo Mbundu
Gudbrandr, Rabbi Todros
Guido Jentjens
Chor
Opera Ballet Vlaanderen Chorus and Opera Ballet Vlaanderen Children's Chorus
Orchester
Opera Ballet Vlaanderen Symphony Orchestra
...
Musik
Wim Henderickx
Text
Krystian Lada
Dirigent
Koen Kessels
Inszenierung
Hans Op de Beeck
Bühne
Hans Op de Beeck
Licht
Glen D'haenens
Kostüme
Hans Op de Beeck
Chorleitung
Jan Schweiger
Electronics
Jorrit Tamminga
Children's Chorusmaster
Hendrik Derolez
...

Video

Trailer

Sneak Peek: Die Fremde

Beten - doch zu wem?

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Ausschnitt

Das erste Mal

1. Akt, 3. Szene B von Die Fremde (De Bekeerlinge) - DAS ERSTE MAL. David (Vincenzo Neri) und Vigdis (Lore Binon) lieben sich. Er gibt ihr einen neuen hebräischen Namen: Sarah Hamoutal. Sie fühlt sich zwischen dem christlichen und dem jüdischen Glauben hin- und hergerissen und zweifelt an ihrem neuen Leben.

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Hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen von Die Fremde

Die Fremde (De bekeerlinge) ist die erfolgreichste zeitgenössische Opernproduktion in der Geschichte der Opera Vlaanderen. TV-Reporter Wannes Peremans hat den letzten Teil des Entstehungsprozesses an der Seite des Komponisten Wim Henderickx begleitet.

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Handlung

Rouen, 1087. In einer Zeit der religiösen und politischen Unruhen wächst Vigdis Adelaïs in einer christlichen Familie auf. Als sie sich in den jüdischen Studenten David verliebt, ändert sich ihr Leben radikal. Ihre verbotene Beziehung wird entdeckt, Vigdis flieht mit ihrem Geliebten und nimmt den jüdischen Namen Sarah Hamoutal an. In Davids Heimatstadt Narbonne konvertiert sie zum Judentum, bevor sie schließlich in dem Dorf Moniou Zuflucht finden, wo das Leben eine Zeit lang gut für sie ist.

Der Erste Kreuzzug erreicht Moniou. Die Synagoge, in der die gesamte jüdische Gemeinde versammelt ist, wird verbarrikadiert und in Brand gesteckt. David wird getötet, und Hamoutal muss mit ansehen, wie ihre beiden ältesten Kinder, Yaakov und Justa, von Soldaten entführt werden.

Vigdis beschließt, nach Jerusalem zu reisen, um ihre Kinder zu suchen. Ihre Suche führt sie von Marseille über das Mittelmeer bis nach Alexandria. Dort ereignet sich erneut eine Tragödie. Ihr drittes Kind stirbt und sie wird gewaltsam überfallen. In Fustat beschließt sie, sich ein neues Leben aufzubauen und heiratet erneut. Als sie erfährt, dass ihre entführten Kinder noch am Leben sind und bei ihren Eltern leben, reist sie unverzüglich dorthin zurück.

Vigdis verliert immer mehr den Bezug zur Realität und landet schließlich in Nájera, wo sie als jüdische Konvertitin von den Christen für den Scheiterhaufen vorbereitet wird. Schließlich wird sie freigekauft und begibt sich erneut auf die Flucht. Ihre letzte Reise führt sie nicht nach Rouen, sondern nach Moniou, dem Ort, an dem sie einst so glücklich war. Gebrochen durch die vielen Prüfungen, die sie durchgemacht hat, stirbt sie schließlich in den Ruinen der Synagoge.

Einblicke

Vom Buch zur Oper

Wim Henderickx' lebenslange Faszination für verschiedene Kulturen, ihre Geschichte und vor allem ihre musikalische Ausdruckskraft hat ihn dazu bewogen, Stefan Hertmans' außergewöhnlichen Roman Die Fremde in eine nicht minder epische Oper zu verwandeln. In verschiedenen Ritualen, kraftvollen Ensembleszenen und intimen Monologen schildert er eindringlich die tragische und zugleich inspirierende Lebensgeschichte der Titelheldin, die, getrieben von der Liebe zu ihrem Mann und ihren Kindern, einer Welt der sozialen, politischen und religiösen Gewalt, der Volksverhetzung und des Fremdenhasses trotzt. Eine Welt, die unserer heutigen gefährlich nahe zu kommen scheint.

In Monieux, wie das Dorf in der Provence heute genannt wird, stieß Stefan Hertmans auf die jahrhundertealte Legende über ein vergessenes Pogrom zur Zeit des ersten Kreuzzugs. Im Jahr 1096 schrieb der Rabbiner Joshuah Obadiah im Namen einer jungen Konvertitin, die bei dem Pogrom ihren Mann verlor und zwei ihrer drei Kinder entführt sah, einen Brief, der erhalten geblieben ist. Das Dokument ist vollständig in den Roman von Hertmans integriert und nimmt auch in der Oper von Henderickx einen zentralen Platz ein. Hertmans war von dieser Frau fasziniert, gab ihr einen Namen und begab sich auf die Suche nach Spuren ihrer Existenz, um sie in seinem Roman wieder zum Leben zu erwecken.

Fragmente eines zweiten Briefes, vermutlich vom selben Verfasser, haben ebenfalls die Zeit überdauert und berichten von einer Konvertitin, die bei der jüdischen Gemeinde in Nájera (Nordspanien) Zuflucht sucht, aber von der dortigen christlichen Gemeinde zur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen verurteilt wird. Viele Details in den Beschreibungen deuten darauf hin, dass es sich um dieselbe Frau handelt.

In der Oper verzichtet der Librettist Krystian Lada auf die erzählende Stimme des Romans und konzentriert sich auf die Handlung. Mit Ausnahme der Darstellenden, welche die Rollen von Vigdis und Rabbi Obadja verkörpern, singen fünf weitere Solist:innen die vielen anderen Rollen, zwischen denen sie stetig wechseln, was auf der Bühne gut sichtbar ist. Das Libretto ist durchdrungen von Verweisen auf heilige Schriften, historische Quellen und religiöse Rituale, aber seine klare Sprache unterstreicht die Verbindung zu einer zeitgenössischen Welt.

In der Musik von Henderickx wird der epische Charakter der Lebensgeschichte von Vigdis durch eine großorchestrale Instrumentierung vermittelt, die durch nahöstliche Instrumente wie Ud, Duduk und Qanûn ergänzt wird. Henderickx hat sich in seinem Werk stets von nicht-westlichen Traditionen inspirieren lassen. In Die Fremde verwebt er Einflüsse aus der alten Musik Europas, der Moderne und Filmmusik, verwoben mit jüdischen und arabischen Musiktraditionen. Es ist diese musikalische Verbindung, die der Oper ihren kraftvollen, universellen Charakter verleiht und so die menschliche Solidarität betont, unabhängig von Religion, kulturellem Hintergrund oder auch der jeweiligen Zeit. Der Chor der Opera Vlaanderen und der Kinderchor werden durch einen neu gegründeten Stadtchor ergänzt, der sich aus Antwerpener Bürger:innen unterschiedlichen Alters und Herkunft zusammensetzt. Eine wichtige Rolle kommt auch der Elektronik zu, für die Henderickx mit Jorrit Tamminga zusammenarbeitet. Für Henderickx stellt Die Fremde einen Höhepunkt in seinem gesamten künstlerischen Schaffen dar.

Der bildende Künstler Hans Op de Beeck konzentriert sich auf die Universalität der Geschichte Vigdis', indem er einen theatralischen Apparat schafft, der ständig in Bewegung ist. Gemalte Hintergründe, sich bewegende Rollen und zahllose monochrome Requisiten bilden immer wieder neue Tableaus, die vom Chor gesteuert werden, der während der gesamten Oper verschiedene Bevölkerungsgruppen musikalisch zum Ausdruck bringt. Wie eine anonyme Gruppe von Zeremonienmeistern, inspiriert von den schwarz gekleideten Puppenspielern des japanischen Bunraku-Theaters, stellt Op de Beeck sie diskret in den Vordergrund. Er entscheidet sich nie für eine filmisch-historische Erzählung, aber indem er die theatralische Mechanik offen zur Schau stellt, zeitlose Bilder verwendet und sich vor allem auf die eindringlichen Emotionen der Figuren konzentriert, bringt auch er die Tragödie sehr nahe.