Ein schäckernder Adliger lebt ohne Rücksicht auf die Folgen seines Handelns. Aber als eine seiner Eroberungen sich seinetwegen das Leben nimmt, ist er gezwungen zu fliehen, verfolgt von verärgerten Ex-Liebhabern, Verlobten und einer Truppe aus dem Jenseits.
Nach seiner letzten spektakulären Produktion von Paria kehrt der renommierte britische Regisseur Graham Vick mit dem neuen Don Giovanni aus Rom auf OperaVision zurück. Der italienische Bariton Alessio Arduini spielt den unehrenhaften Don neben der georgischen Sopranistin und der Gewinnerin des internationalen Moniuszko Gesangswettbewerb Salome Jicia als Donna Elvira. Diese Aufführung ist Teil der Veranstaltungen von OperaVision anlässlich des World Opera Day am 25. Oktober 2019.
Besetzung
Don Giovanni | Alessio Arduini |
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Leporello | Vito Priante |
Masetto | Emanuele Cordaro |
Il Commendatore | Antonio Di Matteo |
Don Ottavio | Juan Francisco Gatell |
Donna Anna | Maria Grazia Schiavo |
Donna Elvira | Salome Jicia |
Zerlina | Marianne Croux |
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Musik | Wolfgang Amadeus Mozart |
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Dirigent | Jérémie Rhorer |
Inszenierung | Graham Vick |
Bühne | Samal Blak |
Licht | Giuseppe di Iorio |
Kostüme | Anna Bonomelli |
Text | Lorenzo da Ponte |
Chorleitung | Roberto Gabbiani |
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Video
Handlung
Akt I
Don Giovanni, ein spanischer Edelmann, ist in ganz Europa als Frauenheld bekannt. Leporello, sein Diener, hilft ihm widerwillig, indem er für ihn Wache steht. Giovanni versucht das Haus von Donna Anna, seiner jüngsten Eroberung, zu verlassen. Beim Verlassen des Hauses tötet er Annas Vater, den Komtur, als dieser versucht ihn aufzuhalten. Anna erzählt ihrem Verlobten Don Ottavio, dass sie von einem unbekannten Mann vergewaltigt wurde und sie schwören dem Mörder Rache.
Leporellos Versuche seinen Meister aufzuheitern, werden von Donna Elvira unterbrochen, einer ehemaligen Geliebten von Giovanni, die auf der Suche nach ihm ist. Giovanni überlässt es Leporello, ihr das Ausmaß der Frauengeschichten seines Meisters klarzumachen.
Masetto und seine Braut Zerlina sollen auf einer Bauernhochzeit heiraten, doch Giovanni macht es sich zur Aufgabe, Zerlina zu verführen. Elvira geht dazwischen und vereitelt Giovannis Versuch sie zu betören. Ottavio und Anna appellieren an Giovanni um Hilfe bei der Verfolgung des Mörders von Annas Vater. Elvira schreitet erneut ein und warnt Ottavio und Anna vor Giovannis wahrer Natur. Anna erzählt Ottavio, dass Giovanni der Mann ist, der ihren Vater ermordet hat.
Leporello bespricht mit Giovanni die Pläne für den Maskenball, den sein Meister an diesem Abend veranstaltet. Zerlina versichert Masetto, dass Giovanni sie nicht angerührt hat. Elvira schließt sich mit Ottavio und Anna zusammen, die zum Ball gehen ums sich an Giovanni zu rächen. Während alle auf dem Ball tanzen, versucht Giovanni Zerlina zu umgarnen, aber sie versammelt alle hinter sich, um Giovanni zu fangen. Alle beschuldigen ihn, aber es gelingt ihm und Leporello sich erneut zu entziehen.
Akt II
Giovanni hofft auf Erfolg mit Elviras Magd und tauscht seine Kleider mit Leporello, der Elvira weglocken soll. Giovanni wird von Masetto unterbrochen, der ihn töten will. Da seine Tarnung nicht auffliegt, kann er Masetto niederschlagen und entkommt.
Mit Elvira zurückkehrend, wird Leporello von Anna, Ottavio, Zerlina und Masetto für Giovanni gehalten. Leporello legt seine Verkleidung ab und überzeugt sie, dass er nicht der Schuldige ist. Ottavio schwört Rache an Giovanni, den Elvira trotz allem weiterhin liebt.
Giovanni hört die Stimme des Komturs, den er getötet hat und der ihn nun vor drohender Vergeltung warnt. Giovanni befiehlt Leporello, den Geist zum Abendessen einzuladen. Der Geist des Komturs nimmt Don Giovannis Einladung an und kommt, um ihn in die Hölle zu schicken.
Einblicke
5 Dinge, die man über Don Giovanni wissen sollte
1° Ein Stück aus Spanien
Die Figur, die wir als Don Juan kennen, entstand um 1630 im Spanien der Gegenreformation als Protagonist des Stückes El Burlador de Sevilla y convidado de piedra (Der Betrüger von Sevilla und der steinerne Gast), das vom spanischen Pater Tirso de Molina geschrieben wurde.
Der Burlador, genannt Don Juan Tenorio, hat in den Augen seiner Altersgenossen drei gute Eigenschaften: edle Geburt, großen Mut und unnachgiebige Treue zu seinem Wort. Ansonsten ist er für nichts gut: ein schamloser Tyrann, ein Verführer und ein großspuriger Typ, der mit seinem Schwert zu schnell ist und rücksichtslos den Vater einer seiner Eroberungen aufspießt. Am Ende des Stücks hat der Geist des Vaters seine Rache, als er Don Juan zum Abendessen an seinem Grab einlädt, wo er ihn totschlägt.
2° Eine lächerliche Legende
Als Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo Da Ponte 1787 mit der Arbeit an Don Giovanni begannen, war die Legende vom gottlosen Libertin und Feind der Gesellschaft intellektuell in Verruf geraten. Während Molière es ein Jahrhundert zuvor als geeignetes Thema für hohes Drama behandeln konnte, war es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf die Ebene der Pantomime gesunken, nur für den Jahrmarkt geeignet oder, wenn es von ernsthaften Dramatikern behandelt wurde, rationalisiert, mit dem Übernatürlichen unterdrückt.
Don Giovanni Tenorio, die damals zeitgenössische einaktige Oper des italienischen Komponisten Giuseppe Gazzaniga mit einem Libretto von Giovanni Bertati, von dem da Ponte viel entlehnt hat, beginnt mit einem Prolog, in dem Schauspieler gezeigt werden, die sich widerwillig bereit erklären, „dieses Stück Müll“ vorzutragen, weil das einfache Volk es immermögen wird und das Ensemble einen Hit braucht.
3° Dramma giocoso
Mozart hatte jedoch andere Vorstellungen. Ja, seine Oper steckt voller Witze, aber es gibt keinen Akkord in der gesamten Partitur, der dunkler oder aufregender ist als der d-Moll-Akkord, mit dem die Ouvertüre beginnt. Er signalisiert sofort seine Absicht, das Thema, einschließlich des übernatürlichen Elements, ernst anzugehen.
Diese heikle Mischung aus Verspieltheit und Düsternis spiegelt sich nicht nur in Mozarts Musik, sondern auch im Subgenre der Oper selbst wider. Der italienische Begriff dramma giocoso - wörtlich „spielerisches Drama“ -, den Mozart auf Don Giovanni anwandte, ist zugleich ein Widerspruch in Bezug auf das eigentliche Wesen der Musik. In der gesamten Oper gilt: Je mehr die subjektive Situation einer Figur tragisch wird, desto komischer ist die objektive Situation und umgekehrt. So ist beispielsweise die Katalogarie von Leporello in Akt I, in der er die endlosen (und wahrscheinlich erfolglosen) Taten seines Meisters erzählt, für Leporello äußerst humorvoll, für Elvira jedoch schockierend tragisch, da sie so Giovannis Untreue entdeckt.
4° Don Juans aus dem Leben gegriffen
Da Ponte mag ein guter Dichter mit einer Leidenschaft für die Klassiker der italienischen und lateinischen Literatur gewesen sein, aber er war auch ein zwielichtiger Charakter - ein verunsicherter Priester, ein Prahler und ein Frauenheld. Der vielleicht realistischste Don-Juan-Charakter der europäischen Geschichte ist jedoch Giacomo Casanova. Der legendäre venezianische Libertin traf Da Ponte in Prag zur Zeit der ersten Produktion der Oper und vielleicht auch Mozart zur gleichen Zeit. Es besteht Grund zu der Annahme, dass er 1791 auch in Prag zur Krönung des Heiligen Römischen Kaisers Leopold II. zum König von Böhmen war, zu der auch die Erstaufführung von Mozarts Oper La clemenza di Tito gehörte.
Casanova ist bekannt dafür, dass er bei seinem Besuch in Prag 1787 einen Dialog entworfen hat, der für ein Don-Juan-Drama geeignet war. Allerdings wurde keiner seiner Verse jemals in die Mozartoper aufgenommen. Seine Reaktion darauf, dass er sieht, dass ein unzüchtiges Verhalten wie sein eigenes der moralischen Überprüfung standhält, wie es in Mozarts Oper der Fall ist, ist leider nicht überliefert.
5° Das Spiel mit der Gefahr
„Jeder liebt einen Bad Boy“, so Graham Vick, Regisseur dieser neuen Produktion am Teatro dell'Opera di Roma. „Der Bad Boy hat immer eine große Anziehungskraft, für Männer wie auch Frauen. Für uns Menschen, weil wir alle wie er sein wollen, wünschen wir uns den Mut, wie er zu leben.“
Giovanni strahlt eine Einstellung aus, dass alle Frauen ihn viel mehr brauchen als er sie braucht, und dass er für ihre Reize unempfänglich ist. Obwohl er sinnlich und raffiniert ist, vertritt er die Männer, die Frauen allein um der Eroberung willen ausnutzen. Für ihn, wie für die Aufreißer von heute, ist es der Nervenkitzel der Jagd selbst, der das Ziel ist. „Zweierlei will der ächte Mann: Gefahr und Spiel“, schrieb Friedrich Nietzsche in Also sprach Zarathustra. „Desshalb will er das Weib, als das gefährlichste Spielzeug.“