Ein junger ahnungsloser Mann, der nicht mal seinen eigenen Namen kennt, kommt in das Reich des Heiligen Grals. Ist er der „Durch Mitleid wissend, der reine Tor“, der, wie prophezeit wurde, das Reich retten wird?
Im letzten Musikdrama Parsifal verarbeitet Wagner die Angst vor den Versuchungen und sündigen Begierden zu einer Erlösungsgeschichte. Die Partitur kontrastiert das Sakrale mit dem Sinnlichen, von der strengen Pracht der Musik für die Prozession zur Gralshalle im ersten Akt bis zur reich instrumentierten Szene, in der Kundry im zweiten Akt versucht, Parsifal zu verführen. Es gibt Abschnitte von fast überirdischer Schönheit wie den Prolog des ersten Aktes und die Schlussszene der Oper, in der Parsifal den Rittern den Gral offenbart. Die Zuschauer von OperaVision erleben die Neuinszenierung von András Almási-Tóth unter der Leitung von Balázs Kocsár live bei der Premiere am Karfreitag in der Ungarischen Staatsoper. Der nach seinem Architekten Miklós Ybl benannte Ybl-Palast wurde im März 2022 nach über fünfjähriger Restaurierung wiedereröffnet.
Besetzung
Amfortas | Michele Kalmandy |
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Titurel | István Rácz |
Gurnemanz | András Palerdi |
Parsifal | István Kovácsházi |
Klingsor | Károly Szemerédy |
Kundry | Andrea Szántó |
Seiten | Eszter Zavaros, Anna Csenge Fürjes, Tivadar Kiss, Barna Bartos |
Blumenmädchen | Lilla Horti, Ildikó Megyimórecz, Lusine Sahakyan, Beatrix Fodor, Boglárka Brindás (student), Melinda Heiter, Bea Egyed, Laura Fehér, Virág Rovó |
Parsifal’s mother / Voice from above | Judit Németh |
Zwei Gralsritter | József Mukk, András Káldi Kiss |
Young Parsifal | Benjámin Taba |
Child Parsifal | Milos Katonka |
Chor | Hungarian State Chorus |
Orchester | Hungarian State Opera |
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Musik | Richard Wagner |
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Text | Richard Wagner |
Dirigent | Balázs Kocsár |
Inszenierung | András Almási-Tóth |
Bühne | Sebastian Hannak |
Licht | Tamás Pillinger |
Kostüme | Lili Izsák |
Chorleitung | Gábor Csiki |
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Handlung
Akt 1
Der alte Ritter Titurel lebt in den Pyrenäen auf der Burg Monsalvat, in der sich der Gral befindet. Sein Sohn Amfortas, wurde von dem Zauberer Klingsor, ein Feind der Gralsritter, mit seinem eigenen heiligen Speer verletzt, die Waffe, die auch Christi verletzt hatte. Amfortas kann nur durch die Berührung des besagten Speeres geheilt werden.
Im Wald, in der Nähe der Burg, entdecken der Ritter Gurnemanz und seine beiden Knappen, Kundry, die Botin der Gralsritter, die von Klingsor mit einem bösen Zauber belegt wurde. Sie bringt einen arabischen Balsam mit, um den König zu heilen. Er nimmt die Hilfe an, doch ihm wurde prophezeit, dass nur ein „reiner Tor“ den Speer zurückgewinnen und ihn heilen könnte.
Auf einmal wird ein Knabe, der einen heiligen Monsalvat Schwan getötet hat, von einer Truppe Rittern herbeigebracht. Es handelt sich um Parsifal, ein junger umherziehender Ritter, der seine Wurzeln nicht zu kennen scheint.
Akt 2
Auf dem Schloss von Klingsor, bittet dieser Kundry darum, Parsifal zu verführen, sodass der junge Ritter sündigt und es so Klingsor möglich ist den Heiligen Kelch zurückzugewinnen. Klingsor verwandelt also sein Schloss in einen prächtigen Garten, indem junge Mädchen vergeblich versuchen Parsifal mit ihrem Charme zu verführen. Nur Kundry gelingt es.
Als Parcifal merkt, dass er dabei ist zu sündigen, sammelt er sich und stößt einen Schmerzensschrei aus. Kundry ist über den Schrei bestürzt und begreift, dass sie den Zauber Klingors brechen muss um die Erlösung in Parsifals Liebe zu finden. Da sie aber von ihm abgewiesen wird, ruft sie Kingsor, der den heiligen Speer wirft. Parsifal ergreift ihn und schlägt mit ihm das Kreuzeszeichen, woraufhin Klingsor und sein Schloss zerstört werden und Kundry in Ohnmacht fällt.
Akt 3
Gurnemanz lebt als Einsiedler, nicht weit entfernt der Gralsburg. Er findet die bewusstlose Kundry im Gestrüpp und belebt sie wieder. Sie fleht ihn an, erneut den Gralsrittern dienen zu dürfen, als plötzlich ein Ritter in schwarzer Rüstung auftaucht. Es ist Parcifal. Gurnemanz erkennt, dass er der „reine Tor“ ist und salbt ihn zum neuen Gralskönig während er gleichzeitig Kundry tauft. Als sie zur Gralsburg zurückkehren, gelingt es Parsifal Amfortas wieder zu heilen, indem er ihn mit dem heiligen Speer berührt. Endlich erlöst, sinkt Kundry zu Boden.
Einblicke
Menschen, wie sie leiben und leben auf Wagners Bühne
Ein Interview mit Dirigent Balázs Kocsár.
Wagner bezeichnete den Parsifal als „Bühnenweihfestspiel“. Daran zeigt sich die Besonderheit des Stückes, das fast seinesgleichen sucht. Wie fügt es sich in die Geschichte der Oper und in das Werk des Komponisten ein?
Wagner hat nicht nur komponiert, sondern auch eine ganze Reihe von Schriften verfasst, in denen er seine Ansichten über Musik und Oper darlegt. Diese geben eine genaue Erklärung für das Verständnis seiner Werke. Offensichtlich gibt es Vorbilder für das, was er in seinen Schriften als relevant bezeichnete. Wir gehen davon aus, dass die Gattung der Oper auf Monteverdi zurückgeht, und selbst er sagte und schrieb, dass die Oper eine gesungene Erzählung sei. Auch Gluck hat schriftliche Dokumente über seine Bemühungen aufbewahrt, die Gattung zu reformieren und ihr das zurückzugeben, was er für den wichtigsten Punkt in ihrer Entwicklung hält: die Tatsache, dass Opern eine Geschichte erzählen und den Text interpretieren. Wagner kannte französische und italienische Opern sehr gut, und wie Ferenc Erkel in Ungarn sagte er auch, dass er gerne in seiner Muttersprache schreiben würde. Wer hätte gedacht, dass Der fliegende Holländer zur gleichen Zeit wie Hunyadi László geschrieben wurde? Obwohl die beiden Stücke in jeder Hinsicht gegensätzlich zu sein scheinen, zeigt sich bei Betrachtung der Erzählweise und des dramaturgischen Aufbaus, dass beide ihre Wurzeln in populären frühen französischen und italienischen Opern haben.
Ich hatte das Glück, Der fliegende Holländer, Lohengrin und Tannhäuser, also alle drei frühen Opern Wagners, zu dirigieren, und diesen kann man sich am besten mit der Leidenschaft italienischer Belcanto-Opern und der Struktur der Finales französischer Grand Opéras nähern und nicht, indem man von Wagners späteren Werken ausgeht. Es ist auch interessant festzustellen, dass die Art des musikalischen Denkens in der von Verdi in seinem fortgeschrittenen Alter geschriebenen Musik, die Schemata dieser Opern und die Art und Weise, wie er seine großen Szenen und Monologe schrieb, den späteren Opern Wagners sehr ähnlich sind, also auch Parsifal, wo der Hauptteil des Stücks aus riesigen Monologen besteht. Spannend ist jedoch, dass sich die Handlung eher in abstrakter Form abspielt.
Der Komponist schrieb die musikalische Sprache, mit der er die Hauptmotive zusammenstellte und versetzte, selbst und verwendete dabei eine bestimmte Form von Mustern. Dieser Ansatz wurde von einer Reihe von Künstlern verwendet, darunter auch von Puccini, der von seinem Musikverlag Ricordi nach Bayreuth geschickt wurde, um Wagners Opern zu studieren. Bei Puccini sind die Hauptmotive offensichtlich auf einer anderen Ebene angesiedelt als bei Wagner, wo sie fast alles umfassen: Wagner baut seine musikalische Welt auf, indem er diese Elemente kontrastiert und ihre Beziehungen zueinander nutzt.
Wie kann man sich auf das Dirigat eines solch monumentalen Werks vorbereiten und wie kann man es dann aufführen?
Ich versuche immer, seine Absicht als Komponist zu verstehen und zu entschlüsseln. Im Gegensatz zu den Meinungen vieler halte ich Wagners Musik nicht für grandios. Ausgehend von seinen Werken halte ich ihn für einen Menschen, der von starken Emotionen und Dynamik erfüllt war. Dementsprechend glaube ich nicht, dass wir seine Werke mit einer akademischen, distanzierten Haltung inszenieren müssen. Alle Monologe und Erzählungen müssen von einer Energie durchdrungen sein, die zu musikalischen Momenten führt, die die Gedanken von Menschen aus Fleisch und Blut widerspiegeln.
Gibt es im Parsifal wirklich Menschen aus Fleisch und Blut?
Es sind keine realistischen Menschen, wie wir sie zum Beispiel in Le nozze di Figaro sehen. Ich würde Wagners Figuren eher mit den Göttern und Heldinnen der Barockopern vergleichen, die handeln, denken und fühlen wie wir, moralische und weltliche Menschen. Obwohl Kundry, Klingsor und sogar Amfortas natürlich etwas Ätherisches an sich haben, erzählen sie doch von echten menschlichen Gefühlen. Auch die endlosen Erzählungen von Gurnemanz, in denen er von den Situationen berichtet, die er erlebt hat, enthalten eine Art von Spannung. Unter dem Aspekt der Inszenierung ist eine Erzählung dann spannend, wenn sie von den Darsteller:innen dramatisch und farbenfroh und mit ihrer eigenen Persönlichkeit inszeniert wird.
Welchen Stellenwert nimmt Parsifal in Ihrer Karriere ein?
Für mich ist der Parsifal ein Meilenstein. Als ich 1985 die Gelegenheit hatte, das Stück in Bayreuth zu sehen, war ich so berührt, dass ich ehrlich sagen kann, dass ich dort der Gattung Oper nahe gekommen bin und mich in die Oper verliebt habe. Die Tatsache, dass dies fast die einhundertste Oper ist, die ich dirigieren werde, ist für mich sehr wichtig.