Rigoletto
Als ein spitzzüngiger Hofnarr für seine hasserfüllten Worte verflucht wird, sieht er sich gezwungen, seine uneheliche Tochter Gilda vor seinem liederlichen Herren zu verstecken. Für Verdis wunderbar ambivalenten Buckligen ist das Paradies sein friedliches Heim und seine Familie, die er zu schützen versucht.
„Oh! Victor Hugos Le Roi s'amuse behandelt die größten Themen und ist vielleicht das wichtigste Stück der Neuzeit. Es ist eines Shakespeare würdig!“ schwärmte Verdi gegenüber seinem Librettisten Francesco Maria Piave. Das unwiderstehliche Dreiergespann des Hofnarren, seiner Tochter und des Herzogs war für den Komponisten wie ein Blitz aus heiterem Himmel gekommen. Die überschwängliche Inszenierung von Monique Wagemakers vom Gran Teatre del Liceu Barcelona mit ihren entzückenden roten venezianischen Kostümen konzentriert sich auf die Themen Misshandlung, Identitätssuche und Machtmissbrauch gegenüber Wehrlosen, wie sie sich in der Beherrschung Rigolettos durch den Herzog und der Beherrschung seiner Tochter durch Rigoletto zeigen. Genau dies sind die Widersprüche und Konflikte, auf denen die ganze außergewöhnliche Partitur beruht.
Besetzung
Herzog von Mantua | Saimir Pirgu |
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Rigoletto | Markus Brück |
Gilda | Aigul Khismatullina |
Sparafucile | Liang Li |
Maddalena | Nino Surguladze |
Giovanna | Laura Vila |
Graf Monterone | Mattia Denti |
Marullo | Michal Partyka |
Matteo Borsa | Moisés Marín |
Graf Ceprano | Stefano Palatchi |
Gräfin Ceprano | Sara Bañeras |
Page boy | Marta Polo |
Chor | Gran Teatre del Liceu Chorus |
Orchester | Gran Teatre del Liceu Symphony Orchestra |
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Musik | Giuseppe Verdi |
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Text | Francesco Maria Piave, based on the play 'Le roi s'amuse' by Victor Hugo |
Dirigent | Daniele Callegari |
Inszenierung | Monique Wagemakers |
Bühne | Michael Levine |
Licht | Reinier Tweebeeke, revival: Cor van den Brink |
Kostüme | Sandy Powell |
Chorleitung | Pablo Assante |
Regieassistenten | Silke Meier, Salva Bolta |
Musikalische Assistenz | Rodrigo de Vera |
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Video
Handlung
Akt I
Der Herzog von Mantua interessiert sich für ein schönes Mädchen, das er in der Kirche gesehen hat, wirbt jedoch auf einer Feier in seinem Palast um die Gräfin von Ceprano. Der bucklige Hofnarr Rigoletto macht den Ehemann der Herzogin lächerlich, der daraufhin Rache schwört. Rigoletto rät, den Grafen gefangen zu nehmen oder zu köpfen, sodass der Herzog freie Bahn bei der Gräfin hat. Graf Montenore beschuldigt den Herzog, seine Tochter verführt zu haben und verlangt, dass diese Tat gesühnt werde. Nachdem er vom Hofnarren verhöhnt wurde, verflucht Montenore den Narren und den Herzogen und wird abgeführt.
Aus Angst vor dem Fluch eilt Rigoletto zu seiner Tochter Gilda nach Hause. Auf dem Heimweg trifft er den Mödrer Sparafucile, der ihm seine Dienste anbietet. Rigoletto lehnt dies ab, fragt jedoch, wie er ihn finden kann, falls er seine Meinung ändert. Zuhause angekommen fragt Gilda ihren Vater über ihre Familie aus, er gibt ihr jeodch keine Antworten. Er hielt sie ihr ganzes Leben lang vor der Öffentlichkeit verborgen und erlaubte ihr bislang nur, zur Kirche zu gehen. Gilda kennt nicht einmal den Namen ihres Vaters. Bevor Rigoletto zum Palast zurückkehrt, bittet er Giovanna, Gildas Freundin, die Tür immer verschlossen zu halten. Der Herzog hat sich jedoch schon ins Haus geschlichen und erkennt, dass das Mädchen aus der Kirche Rigolettos Tochter sein muss. Er stellt sich Gilda als armer Student vor und gesteht ihr seine Liebe. Als Giovanna sich nähernde Schritte hört, verschwindet der Herzog durch die Hintertür. Die Höflinge, immer noch gegen Rigoletto aufgebracht, entführen Gilda, die sie für Rigolettos Geliebte halten.
Akt II
Der Herzog, wieder in seinem Palast, bedauert, dass seine neue Geliebte verschwunden ist. Als ihm seine Höflinge berichten, dass sie Rigolettos Geliebte entführt haben, ist ihm klar, dass es sich bei der von ihnen beschriebenen Frau nur um Gilda handeln kann und beeilt sich, sie zu finden. Rigoletto verlangt, sie zu sehen, aber die Höflinge verspotten ihn nur. Er erklärt ihnen, dass Gilda seine Tochter ist und bittet sie, ihn zu ihr zu führen. Gilda erscheint aus dem Raum, in dem sie festgehalten wurde und wirft sich ihrem Vater in die Arme. Auf seinem Weg ins Gefängnis beklagt Montenore, dass sein Fluch auf den Herzog wirkungslos blieb. Rigoletto schwört, sich am Herzog zu rächen, während Gilda ihren Liebhaber in Schutz nimmt.
Akt III
Um seine Tochter vom Herzog abzubringen, führt Rigoletto Gilda in Sparafuciles Taverne, wo er ihr zeigt, wie der Herzog des Mörders Schwester Maddalena verführt. Der Hofnarr weist seine Tochter an, als Mann gekleidet nach Verona abzureisen. Anschlieβend beauftragt er Sparafucile, den Herzog zu töten und ihm in einem Sack zu hinterlassen.
Der Herzog entscheidet angesichts eines herannahenden Gewitters, über Nacht in der Taverne zu bleiben. Sparafucile bereitet seinen Mord vor, aber Maddalena, hingerissen vom Herzog, bittet ihren Bruder, sein Leben zu schonen.Sparafucile willigt widerwillig ein, da er schon bezahlt wurde, den nächsten Mann zu töten, der zur Tür herein kommt. Gilda hört heimlich diese Unterhaltung und beschlieβt, sich für ihren Liebhaber zu opfern, seiner Untreue durchaus gewahr. Sie betritt die Taverne wie von ihrem Vater angewiesen als Mann verkleidet und wird von Sparafucile erstochen. Rigoletto kehrt zurück, um den Sack mit der Leiche des Herzogs zu holen. Er ist zufrieden mit seiner Rache, hört jedoch plötzlich von Weitem die Stimme des Herzogs. Rigoletto öffnet den Sack und findet seine Tochter darin, die ihn um Vergebung bittet und in seinen Armen stirbt.
Einblicke
5 Dinge, die man über Rigoletto wissen sollte
1° Den König auslachen
Die Geschichte der Oper sowie von Theaterstücken, worauf erstere häufig fuβt, ist untrennbar mit der Geschichte der Zensur verwoben. Über den Groβteil der letzten 400 Jahre mussten Komponisten, Librettisten und Theaterautoren, die die Grenzen von vorherrschenden Moralvorstellungen und Geschmack ausgereizt hatten, ihre Stücke umschreiben, damit die Zensur diese freigeben würde.
Die Protagonisten in Victor Hugos Le Roi s’amuse (Der König amüsiert sich) sind König Franz I. und sein Hofnarr Triboulet. Obwohl drei Jahrhunderte zwischen der Handlung des Stücks und seiner Uraufführung in Paris liegen, wurde es nach seiner ersten Aufführung verboten, weil davon ausgegangen wurde, dass sich die Beleidigungen an Franz I. in Wirklichkeit auf Louis-Philippe I. bezögen. Hugo reichte Klage ein, damit sein Stück weiter aufgeführt werden könnte. Dies brachte ihm seinen Ruf als Verteidiger der Redefreiheit in Frankreich ein, auch wenn er die Klage verlor und sein Stück für weitere 50 Jahre verboten wurde. Als Verdi 1850 den Auftrag vom Teatro La Fenice in Venedig erhielt, wählte er Le Roi s’amuse, denn das Stück verfügte, wie er sagte, über „eine Rolle, die eine der gröβten Schöpfungen des Theaters aller Länder und aller Zeiten ist.“
2° Immoralität und obszöne Trivialität
Dem Komponisten machte die Zensur sein Leben lang zu schaffen und er wusste, seine Oper von den Österreichern, die Venedig zu dieser Zeit in ihrer Gewalt hatten, freigeben zu lassen, wäre seine bislang gröβte Herausforderung. „Tu, was nötig ist“, sagte er seinem Librettisten Francesco Maria Piave, „lauf durch die Stadt und finde eine einflussreiche Person, die die Erlaubnis beschaffen kann, Le Roi s’amuse zu ermöglichen!“ Der Sekretär des Teatro La Fenice, Guglielmo Brenna, versprach Verdi und Piave, dass alles glatt laufen würde. Er ermutigte die Beiden, für den Rest des Jahres an der Oper zu arbeiten, im Dezember jedoch weigerte sich der österreichische Zensor De Gorzkowski vehement, die Produktion freizugeben, und nannte sie „ein widerliches Beispiel für Immoralität und obszöne Trivialität.“
Piave überarbeitete das Libretto, machte den König zum Herzog und strich den Buckligen und den Fluch völlig aus der Geschichte. Verdi war gegen diese radikalen Eingriffe und schlug vor, direkt mit den Zensoren jeden einzelnen der Kritikpunkte zu verhandeln. Brenna bot sich an, zu vermitteln, und im Januar hatten die Parteien eine Einigung erreicht: Die Handlung wurde von Frankreich ins erloschene Herzogtum Mantua verlegt; der König wurde ein Herzog; die Szene in Gildas Schlafzimmer wurde gestrichen; Gilda selbst sollte statt dem Herzog sterben; und, neben anderen Namensänderungen, sollte Triboulet Rigoletto heiβen.
3° Die Frau ist wankelmütig
Im Akt III von Rigoletto singt der Herzog von Mantua eine der berühmtesten Tenorarien der Operngeschichte, ‘La donna è mobile’ (Oh wie so trügerisch / sind Frauenherzen). ‘Mit ihnen kann man nicht leben, und ohne sie auch nicht’, ist die zynische Botschaft des Herzogs, der vor der flatterhaften und damit nicht vertrauenswürdigen Natur der Frauen warnt, räumt aber auch ein, dass kein Mann ohne die Liebe einer Frau wirklich glücklich werden kann.
Verdi wusste, dass die Melodie sehr catchy war und hoffte, dass sie nicht vor der ersten Vorstellung im März 1851 im Teatro La Fenice schon auf den Straβen und Kanälen Venedigs zu hören sein werde. Der gefeierte italienische Tenor Raffaele Mirate spielte den Herzog, und Verdi nahm ihm das Versprechen ab, niemals die Melodie von ‚La donna è mobile‘ auβerhalb der Proben zu singen oder auch nur zu pfeifen. Nicht, dass er viel Zeit dazu gehabt hätte; denn damit die Musik geheim bliebe, gab Verdi Mirate die Partitur nur wenige Abende vor der Premiere, und die Arie des Herzogs bekam er erst ein paar Stunden bevor der Vorhang das erste Mal aufging.
Die erste Aufführung war triumphal und, ganz, wie Verdi vorhersagte, ‘La donna è mobile’ wurde sofort ein Hit. Er wurde am nächsten Morgen in den Gassen gesungen und wurde schnell eine Vorzeigearie für Tenor sowie ein Drehorgel-Schlager. In jüngeren Zeiten hat sich die Arie verselbstständigt und kommt als Hintergrundmusik fast überall vor, von Werbung für Tomatenmark bis hin zum Computerspiel Grand Theft Auto.
4° Widersprüche und Konflikte
Die überschwängliche Inszenierung von Monique Wagemakers vom Gran Teatre del Liceu Barcelona mit ihren entzückenden roten venezianischen Kostümen konzentriert sich auf die Themen Misshandlung, Identitätssuche und Machtmissbrauch gegenüber Wehrlosen, wie sie sich in der Beherrschung Rigolettos durch den Herzog und der Beherrschung seiner Tochter durch Rigoletto zeigen. Genau dies sind die Widersprüche und Konflikte, auf denen die ganze außergewöhnliche Partitur beruht.