Covid fan tutte
Covid fan tutte

Covid fan tutte: Mozart in Helsinki

Zur Zeit Mozarts schreckten die Interpreten nicht davor zurück, Opern zu verändern, Arien zu tauschen, langweilige oder technisch anspruchsvolle Abschnitte zu überspringen und das Libretto zu retuschieren. Die Vorstellung von einem originalen, authentischen Kunstwerk ist eine moderne Erfindung. Die Inszenierung der Finnish National Opera aus dem Jahr 2020 wirft solche Skrupel über Bord und aktualisiert Così fan tutte radikal. Das Ergebnis ist ein satirischer Blick auf die Erfahrungen des Coronavirus-Ausbruchs in Finnland im Frühjahr.

Esa-Pekka Salonen, Dirigent
Mozart war ein schelmischer und phantasievoller Bursche, der nicht an konventionelles Denken gekettet war. Er würde sich wahrscheinlich sehr über dieses Projekt freuen.

Der Komponist und Chefdirigent des Philharmonia Orchestra in London, Esa-Pekka Salonen, flog bei Ausbruch der Pandemie in seine Heimatstadt Helsinki, wo er das Projekt mit der finnischen Sopranistin Karita Mattila erarbeitete.

„Wir machen uns nicht über die Tragödie und Krise von Covid-19 lustig. Die Arbeit erzählt einfach von der Realität, in der wir leben‟, stellt Salonen klar. „Der Oper als Genre wird oft vorgeworfen, nicht in der heutigen Zeit zu leben und nicht auf aktuelle Themen zu reagieren. Dieses Werk beschäftigt sich nun mit unserer Zeit und unseren Menschen‟.

Eine solch schnelle Reaktion war möglich, da Covid fan tutte in weniger als sechs Monaten anstatt der üblichen mehreren Jahre, die man für die Aufführung einer neuen Oper benötigt, entstanden ist. Die Librettistin Minna Lindgren, die das Libretto für die Inszenierung völlig umgeschrieben hat, reflektiert über den Zeitmangel: „Schon Mozart wusste, dass der Impresario, der hinter der Tür rast, die beste Inspiration eines Künstlers ist‟.

Minna Lindgren, Librettistin
Ich glaube, wir werden über unsere gemeinsamen Erlebnisse lachen oder zumindest lächeln können, wenn wir sehen, wie gut sie mit Mozarts Musik zusammenpassen. In dieser Oper geht es nicht um eine schwere Krankheit, um die Ängste der Menschen oder gar um den Tod. Ich hoffe, dass der einzigartige Zauber von Mozarts Oper uns alle dazu bringen kann, innezuhalten und uns an einer einfachen Geschichte zu erfreuen, die in Musik umgesetzt wurde.

Die Entscheidung, eine komprimierte Neuauflage von Così fan tutte aufzuführen, war von strategischer Bedeutung, da die Oper mit einem kleinen Orchester und ohne Chor aufgeführt werden kann, um soziale Distanzierung zu gewährleisten. Da es sich bei Così fan tutte um eine Nummernoper handelt, die aus einzelnen Musikstücken besteht, konnte Lindgren die Arien herauspicken, die ihrem Umriss am besten entsprachen. „Wir brauchten ein unbekümmertes Duett, eine zärtliche Arie, eine inbrünstig energische und eine voller Wut. Ein entschlossenes Quintett eröffnet die Pressekonferenz der Regierung, während das zärtliche an die Gebrechlichkeit der älteren Menschen erinnert.‟

In der neuen, bruchstückhaften Geschichte ließ Lindgren die Rezitative weg und wendet bewusst den typisch Mozart-zeitgenössischen Ansatz zum Urheberrecht an, indem sie dem Team von Jussi Nikkilä die völlige Freiheit zur Bearbeitung ihrer Zeilen gab. Die ursprüngliche Reihenfolge der musikalischen Nummern wurde neu gemischt, um unnötige Wendungen in der Handlung zu überspringen. Despinas Rolle, interpretiert von Mattila, gewann in dieser Fassung an Bedeutung, und die Sopranistin stiehlt mehr als einmal die Baritonpartien von Guglielmo und Alfonso. Aufmerksame Zuhörer werden eine Arie aus Don Giovanni und eine weitere aus Die Zauberflöte erkennen. Ein besonderer Leckerbissen ist eine selten gespielte alternative Baritonarie aus der Uraufführung von Così fan tutte in Wien. Die notwendigen Zwischenspiele, Keyboard-Parts und der Flip in der Ouvertüre stammen aus der Feder von Esa-Pekka Salonen. 

Was Sie hier erleben werden, ist eine Mozart-Oper, wie Sie sie noch nie zuvor gehört haben: auf Finnisch gesungen, freudig ungeniert und absolut aktuell. Covid fan tutte: Niemand sonst macht es so (wie die Finnish National Opera).