Die Zauberflöte
Ein gutaussehender Prinz verliebt sich in eine entführte Prinzessin. Bewaffnet mit Musikinstrumenten stellen er und sein singender Gewährsmann eine Rettungsmission auf, die ihr Engagement für Wahrheit, Liebe und Menschlichkeit selbst testet.
Für die Inszenierung einer Massenrevolte gegen die Machthaber hat der britische Regisseur Graham Vick gut hundert Einheimische und Migrant*innen als Demonstrant*innen engagiert, die provisorische Lager an den Flanken der beeindruckenden Freilichtbühne des Sferisterio besetzen. Gesungen in einfachem, modernem Italienisch bekommt Mozarts berühmtes Singspiel eine Lebendigkeit und Spritzigkeit, die die volkstümlichen Wurzeln der Oper betont und das Gefühl vermittelt, dass sich die Handlung heute um uns herum abspielt.
Besetzung
Tamino | Giovanni Sala |
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Papageno | Guido Loconsolo |
The Three Ladies | Lucrezia Drei, Eleonora Cilli, Adriana Di Paola |
Astrifiammante | Tetiana Zhuravel |
Monostato | Manuel Pierattelli |
Pamina | Valentina Mastrangelo |
The Three Geniuses | Ilenia Silvestrelli, Caterina Piergiacomi, Emanuele Saltari |
Oratore | Marcell Bakonyi |
Sarastro | Antonio Di Matteo |
Papagena | Paola Leoci |
Sacerdote / Armigero | Marco Miglietta |
Armigero | Seung Pil Choi |
Chor | Coro Lirico Marchigiano “V. Bellini” |
Orchester | Orchestra regionale delle Marche |
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Musik | Wolfgang Amadeus Mozart |
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Dirigent | Daniel Cohen |
Inszenierung | Graham Vick |
Bühne | Stuart Nunn |
Licht | Giuseppe di Iorio |
Kostüme | Stuart Nunn |
Text | Fedele d’Amico (Translation), Graham Vick, Stefano Simone Pintor (Dialogues) |
Chorleitung | Martino Faggiani, Massimo Fiocchi Malaspina |
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Video
Handlung
Auf der Flucht vor einem schrecklichen Ungeheuer wird der Fremde Tamino von den Drei Damen der Königin der Nacht gerettet. Tamino trifft Papageno, einen Vogelmann im Dienste der Königin. Die Drei Damen zeigen dem jungen Mann ein Bildnis von Pamina, der Tochter der Königin der Nacht. Tamino verliebt sich auf der Stelle. Als er erfährt, dass Pamina von dem bösen Sarastro entführt wurde, erscheint die Königin persönlich, um ihn zur Rettung ihrer Tochter zu überreden. Der junge Mann erhält eine Zauberflöte zu seinem Schutz; und Papageno, der seinerseits eine Zauberglocke erhält, wird sein Reisebegleiter. Die beiden machen sich auf den Weg. Papageno erreicht als erster Sarastros Tempel und erschreckt durch seine seltsame Erscheinung Monostato, der den Auftrag hat, Pamina zu bewachen. Auch Tamino gelangt, geführt von den Drei Knaben, zu den Tempeln und trifft auf einen Priester, der ihn lehrt, was Zweifel ist. Als sie sich gegenseitig suchen, werden Tamino, Papageno und Pamina gefangen genommen und zu Sarastros Gefolge gebracht, der beschließt, dass die drei durch Prüfungen in ihre Bruderschaft eingeweiht werden sollen. Tamino und Papageno werden Schweigeproben auferlegt. Die drei Damen der Königin schleichen sich in den Tempel und verleiten die beiden jungen Männer zum Reden. Tamino widersteht, aber Papageno kann seine Zunge nicht halten. Eine alte Frau erscheint. Wieder kann Papageno der Versuchung nicht widerstehen, zu sprechen und wird von einem Priester zurechtgewiesen. Pamina, die ganz allein ist, wird von ihrer Mutter gefunden und von ihr aufgefordert, Sarastro zu töten, um sich an ihm zu rächen. Monostato hört alles mit und will die Situation zu seinem eigenen Vorteil nutzen, aber Sarastro vertreibt ihn und überzeugt Pamina, nicht auf ihre Mutter zu hören und ihre Prüfungen fortzusetzen. Wieder gemeinsam bestehen Tamino und Pamina die Feuer- und Wasserproben und werden ins höchste Glück aufgenommen. Papageno, allein gelassen und ohne Gefährten, gibt sich der Verzweiflung hin. Er ist im Begriff, sich zu erhängen, als die Drei Knaben ihn an die magische Glocke erinnern: Die Alte Frau verwandelt sich so in seine ideale Frau, Papagena. Die Königin verkauft ihre Tochter an Monostato, um in den Tempel eingeführt zu werden und ihre Rachepläne gegen Sarastro zu verwirklichen, doch sie bleiben in der Finsternis gefangen, während Tamino und Pamina als Auserwählte die Menschheit in eine neue Zeit führen werden.
Einblicke
Die Zauberflöte als politisches Instrument
Die Zauberflöte wird oft als ein Märchen über das Finden des eigenen Weges inmitten der gegensätzlichen Kräfte von Gut und Böse dargestellt. Mozarts letzte Oper erzählt von den Irrungen und Wirrungen zweier gegensätzlicher und doch komplementärer Paare - Tamino und Pamina und Papageno und Papagena -, die auf der Suche nach Liebe die Finsternis durchqueren, um Licht und Glück zu erreichen. Begleitet werden sie dabei von ihren Zauberinstrumenten, die sie vor allerlei Gefahren beschützen.
Seit der Uraufführung von Die Zauberflöte am 30. September 1791, nur zwei Monate vor dem frühen Tod des Komponisten, hat die Oper nicht aufgehört, ihr Publikum zu faszinieren und zu betören. In der Tat kann jeder und jede Generation das Werk anders interpretieren, ohne den Anspruch erheben zu können, seine letzte Wahrheit darzustellen.
Eine magische Farce
Viele Aufführungen inszenieren die Zauberflöte als uriges Volksmärchen in der Tradition des Genres der Wiener Kasperl- und Zauberoper, in der Fabelwesen neben realen Personen auftreten und gute und böse Mächte um ihren Einfluss auf die Protagonisten wetteifern, bis schließlich die Liebe alles besiegt.
Hier findet das Fabelwesen seine Verkörperung in Papageno, der selbst mehr Vogel als Vogelfänger ist. Als Possenreißer, der gleichermaßen tollpatschig und verschlagen ist, erfreut er das Publikum mit seinen unprätentiösen volkstümlichen Arien und sorgt für einen Großteil der herzerwärmenden Komik der Oper.
Der Widerstreit zwischen Licht und Dunkelheit
Während sie anfangs als magische Farce erscheint, verwandelt sich Die Zauberflöte im Laufe der Handlung zusehends in die Darstellung freimaurerischer Ideale, indem sie die Dualität von Aufklärung und Obskurantismus thematisiert und Elemente des wahren Heldentums hervorhebt.
Die jungen Liebenden Tamino und Pamina sind inmitten ihrer Prüfungen gefangen zwischen den Kräften des Weiblichen und des Männlichen. Die weibliche Kraft, die der Königin der Nacht, repräsentiert den Mond, die Dunkelheit, die Negativität, die Irrationalität und das Chaos, während ihr Gegenstück, der männliche Sarastro, für die Sonne, das Licht, die Positivität, die Rationalität und die Ordnung steht.
Sowohl Mozart als auch sein Librettist Emanuel Schikaneder waren Freimaurer, Mitglieder eines nur widerwillig tolerierten brüderlichen Ordens, der Selbsterhöhung und Philosophie durch die Teilnahme an einer Reihe von Zeremonien vermittelte. Diese Zeremonien spiegeln sich in den Prüfungen des Schweigens, des Wassers und des Feuers in der Oper wider.
Das Publikum zu Mozarts Zeiten verstand die politische Tragweite der "Zauberflöte" sehr gut. Des Opers Stellungnahme gegen das Feudalwesen und die Kirche musste auf der Bühne getarnt und in harmloses Geschehen umgewandelt werden. Auch die Merkmale der derben Wiener Komödie wie Papagenos Sprüche und die Verwandlung einer alten in eine junge Frau können in diesem Licht gelesen werden.
Um zu erschaffen, muss man zuerst zerstören: Graham Vicks Il flauto magico
Vor diesem Hintergrund betrachtet, kehrt Graham Vicks radikal moderne und unverhohlen politische Inszenierung, die im Sommer 2018 das Opernfestival von Macerata eröffnete, der Aufführungstradition nicht ganz den Rücken. Seine Zauberflöte leugnet nicht ihre populären Wurzeln im Varieté-Theater. Das verdeutlicht schon der Auftritt des Papageno als Brathähnchen-Lieferant. Die vor witzigen Einfällen strotzende Inszenierung ist schelmisch und macht Spaß zuzusehen.
Mozart's last opera was created to be a popular and comic performance. Therefore I wanted this performance to be linked to the city and I wanted to do it in Italian.
Aber Graham Vick wäre nicht Graham Vick, wenn er sich nicht mit den großen politischen Dilemmas unserer Zeit auseinandersetzen würde. Seine eigenwillige Behandlung nimmt sich des Dreiklangs von Politik, Wirtschaft und Religion an - auf der Bühne stellvertretend dargestellt durch Modelle der Europäischen Zentralbank, des Apple-Hauptquartiers und des Petersdoms. Er rekrutierte hundert Einheimische und Migrant*innen als Statist*innen, um die Demonstrant*innen zu spielen.
Sein Bestreben, eine maßgefertigte Produktion zu schaffen, die ihr spezifisches Publikum anspricht, zeigt sich in seiner kühnen Entscheidung, das Libretto in ein direktes und umgangssprachliches Italienisch, wie es heute gesprochen wird, neu zu übersetzen. Vick scheute es eine weitere Zauberflöte mit und für Leute zu schaffen, die nicht verstehen, was gesungen wird.
Wie schon Mozart selbst, der das traditionelle Italienisch seiner Opern gegen ein deutschsprachiges Singspiel (ein Musikdrama mit gesprochenen Dialogen) eintauschte, schreckt Vick nicht vor Innovationen zurück. „Diese Version geht von einer ganz natürlichen Annahme aus“, erklärt er, „dass man, um zu erschaffen, zuerst zerstören muss. Denken Sie an die Kernspaltung, an den Urknall. In diesem Gegensatz, in diesem Dualismus, liegt der Dreh- und Angelpunkt und der Sinn des Lebens.“