Le convenienze ed inconvenienze teatrali
Eine lokale (und mittelmäßige) Operntruppe stößt bei den Proben zu einem neuen Stück auf eine Menge Hindernisse. Die Primadonna geht ganz in ihrer Rolle auf und weigert sich zu proben. Der Tenor landet in der falschen Inszenierung und ist völlig überfordert. Die Mutter (gespielt von einem Bariton) der zweiten Sängerin, der Seconda Donna, verlangt, dass ihre Tochter eine prominentere Rolle bekommt – und übernimmt schließlich mehrere Rollen selbst. Um nicht in dem ganzen Wahnsinn übergangen zu werden, betritt auch noch der Ehemann der Primadonna die Bühne…
Le convenienze ed inconvenienze teatrali (etwa: „Sitten und Unsitten am Theater“, im deutschen Raum auch bekannt als Viva la Mamma!) ist eine Oper in zwei Akten, die auf überspitzte Weise die Arbeit hinter den Theaterkulissen und während der Proben beleuchtet – und dabei aufzeigt, was alles schiefgehen kann, wenn die Egos der Darsteller:innen einer guten Aufführung im Wege stehen. Die titelgebenden „convenienze“ beziehen sich auf die Rangfolge der Sänger:innen (primo, secondo, comprimario) der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts und die Anzahl der Szenen, Arien usw., die diesen entsprechend zustanden. Diese Oper wurde zuerst als einaktige Farsa 1827 am Teatro Nuovo in Neapel uraufgeführt, bevor Donizetti sie um einen 2. Akt mit zusätzlichen Rezitativen und weiterem Material erweiterte. Sie ist inspiriert von zwei Komödien, die Antonio Simone Sografi zwischen 1794 und 1816 schrieb, und liefert in bester Manier von Goldoni, Gozzi und Metastasio eine beißende Kritik an den schlechten Gewohnheiten der damaligen Opernwelt. Die Wexford Festival Opera ist international dafür bekannt, vergessene Ecken des Repertoires zu beleuchten, und zeigt ihre Produktion aus dem Jahr 2024. Regisseurin Orpha Phelan und Dirigentin Danila Grassi nehmen das Geschehen auf der Bühne fest in die Hand, während das Ensemble im Schutze der Nacht zu fliehen versucht – um den Rückzahlungen an die Investor:innen zu entgehen, deren Geld natürlich schon längst verprasst wurde!
BESETZUNG
Daria Garbinati | Sharleen Joynt |
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Procolo | Giuseppe Toia |
Biscroma Strappaviscere | Matteo Loi |
Donna Agata Scannagalli | Paolo Bordogna |
Luigia Castragatti | Paola Leoci |
Guglielmo Antolstoinoff | Alberto Robert |
Pippetto | Hannah Bennett |
Cesare Salzapariglia | William Kyle |
Impresario | Philip Kalmanovitch |
Der Theaterdirektor | Henry Grant Kerswell |
Orchester | Wexford Festival Opera Orchestra |
Chor | Wexford Festival Opera Chorus |
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Musik | Gaetano Donizetti |
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Text | Domenico Gilardoni |
Musikalische Leitung | Danila Grassi |
Regie | Orpha Phelan |
Bühnenbild und Kostüme | Madeleine Boyd |
Licht | Daniele Naldi |
Choreografie und Regieassistent.in | Amy Share Kissiov |
Beleuchtungsassistent.in | Paolo Bonapace |
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Video
HANDLUNG
I. Akt
Willkommen zur ersten Probe für die neue Oper Romolus und Ersilia!
Oh weh, die Nerven des Impresarios liegen schon blank: Mit einem drohenden Bankrott im Nacken muss diese Aufführung unbedingt ein Erfolg werden.
Die Sänger:innen kommen zusammen, da beginnt schon das Chaos. Ermutigt von ihrem Mann Procolo singt die Primadonna Daria die Eröffnungsnummer. Schon jetzt ist klar, dass die anderen Ensemblemitglieder Luigia und Pippetto mit ihren Nebenrollen unzufrieden sind, während der Tenor einfach in der falschen Produktion zu stecken scheint. Librettist, Komponist und Impresario sind allerdings sehr von der Primadonna angetan, und einen Moment lang feiert das Inszenierungsteam in Erwartung einer erfolgreichen Aufführung.
Es ist schwer, es allen recht zu machen – vor allem, wenn niemand zu Kompromissen bereit scheint. Da trifft es sich gut, dass Luigias Mutter auftaucht, bereit, für ihre Tochter in den Ring zu steigen: Mamma Agata ist eine echte Naturgewalt und wird vor nichts Halt machen, bevor ihre Tochter nicht das Scheinwerferlicht erhält, das sie verdient. Agata legt damit los, dass sie dem etwas perplexen Komponisten sehr genaue Anweisungen für eine Arie gibt, die er für Luigia für die bevorstehende Produktion schreiben soll.
Procolo liegt es am Herzen, dass das Ensemble weiß, wie wichtig seine Frau ist, und er unterhält sie mit Darias Erfolgsgeschichten. Als Agata hört, dass die Primadonna nicht mit „Untergebenen“ singt, ist sie sofort beleidigt und besteht auf einem Duett zwischen Daria und Luigia. Die Primadonna lässt das allerdings kalt.
Während das Chaos in nächster Nähe stattfindet, hat Pippetto bereits das Weite gesucht. Einer weniger, wie viele sind noch übrig? Das Inszenierungsteam kommt zusammen, um eine Lösung zu finden. Aber keine Sorge: Agata selbst bietet sich für Pippettos Rolle an. In der Not frisst der Teufel Fliegen, und die Produktion scheint wieder anzurollen. Es gibt nur einen Haken: Agata kann keine Noten lesen. Schnell gerät sie mit dem Tenor aneinander, der sich auf Nimmerwiedersehen verabschiedet … und sich auf die Suche nach einer richtigen Show macht.
Ohne Tenor steht das Gelingen der Produktion erneut auf dem Spiel. Also bietet Procolo freundlicherweise an, dessen Rolle höchstselbst zu übernehmen. Was kann da schon schiefgehen? Nun, als der Regisseur mit allen auf die Hauptbühne umziehen will und ein Streit entbrennt, weigern sich die Darstellenden geradeheraus. Dank der ziemlich harten Hand des Bühnenmanagements wird die Meuterei niedergeschlagen.
II. Akt
Der desillusionierte Tenor hat beschlossen, seine Traumproduktion in der Ferne zu suchen. In der Zwischenzeit hat sich die Lage auf der Hauptbühne weiter verschlechtert. Das Bühnenbild fällt auseinander und Agata scheint fast alles selbst in die Hand zu nehmen. Ihr Gesang hat sich leider sogar noch verschlechtert, aber wenigstens hat die Primadonna ihre eigene todsichere Erfolgsnummer in der Hinterhand. Während Daria brilliert, wird Agatas Eifersucht immer größer. Die skrupellose Mutter präpariert ihre Tochter in einem letzten Versuch, Luigia eine Hauptrolle zu verschaffen.
Gerade als die Bühnenproben mit dem Chor beginnen, überbringt der Impresario die schreckliche Nachricht: Der Direktor hat die Inszenierung wegen des Ausscheidens von Pippetto und dem Tenor abgesagt. Anstatt der Musik und den wachsenden Schulden ins Gesicht zu blicken, versuchen sich alle aus dem Staub zu machen. Doch der Impresario hat andere Pläne...
© Orpha Phelan