Le nozze di Figaro
Vlaamse Opera

Le nozze di Figaro

Mozart
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Streamed am Streamed bis Aufnahme vom
Gesungen auf
Italienisch
Niederländisch
Untertitel auf
Englisch
Italienisch
Niederländisch

Man nehme einen schäkernden und arroganten Grafen, der seinem gerissenen Diener Figaro nicht gewachsen ist, und seine künftige Ehefrau Susanna, die ebenso manipulativ wie charmant ist. Dazu kommen die schöne, desillusionierte Gräfin und der unbändige, testosterongeladene Teenager Cherubino. Zusammen mit dem Genie Mozarts ergibt das eine der perfektesten Opern, die je geschrieben wurden.

1781 schaffte der aufgeklärte Kaiser Joseph II. die Leibeigenschaft ab und gewährte den am wenigsten Privilegierten der Gesellschaft - Dienern wie Figaro und Susanna - gewisse bürgerliche Freiheiten, darunter auch die Ehe. In ihrer Oper reflektieren Mozart und sein Librettist Da Ponte über die Überbleibsel der alten Garde und blicken in eine Zukunft mit mehr Gleichheit. Der Graf und die Gräfin könnten von ihrem gerissenen Personal einige Lektionen in Sachen Liebe und Leben lernen. Die Oper Vlaanderen hat diese neue Produktion einem jungen künstlerischen Team anvertraut. Regisseur Tom Goossens verwebt das italienische Libretto mit seinem eigenen fantasievollen Niederländisch. Die Dirigentin Marie Jacquot avanciert schnell zu einer international gefragten Mozart-Spezialistin. Gemeinsam navigieren sie durch die Komödie und die Tragik von Nozze, durch Virtuosität und raffinierte Wendungen. So temperamentvoll wie die Oper selbst, ist dieses künstlerische Team in der Lage, unsere konventionellen Erwartungen zu erschüttern; wie Mozart und Da Ponte selbst, schicken sie respektvoll eine Generation in die Zukunft. Mit ihnen können wir uns schließlich an Mozarts Botschaft von Liebe, Vergebung und Hoffnung erfreuen.

BESETZUNG

Susanna
Maeve Höglund
Figaro
Božidar Smiljanić
Contessa
Lenneke Ruiten
Conte
Kartal Karagedik
Cherubino
Anna Pennisi
Marcellina
Eva Van der Gucht
Bartolo
Stefaan Degand
Antonio
Stefaan Degand
Basilio
Daniel Arnaldos
Marcellinas Anwalt
Reisha Adams
Bartolo's Lawyer
Yu-Hsiang Hsieh
Barbarina
Elisa Soster
Donne I
Sandra Paelinck
Donne II
Herlinde Van Den Bossche
Orchester
Symfonisch Orkest Opera Ballet Vlaanderen
Chor
Koor Opera Ballet Vlaanderen
...
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart
Text
Lorenzo da Ponte
Musikalische Leitung
Marie Jacquot
Regie
Tom Goossens
Bühne
Sammy Van den Heuvel
Dramaturgie
Lalina Goddard
Tom Swaak
Kostüme
Dotje Demuynck
Licht
Luc Schaltin
Choreografie
Darren Ross
Chorleitung
Jan Schweiger
...

Videos

Trailer

Sneak Peek: Le nozze di Figaro

Eine zutiefst menschliche Komödie auf dem Höhepunkt von Mozarts Schaffen.

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Ausschnitt

Non più andrai

Der Bassbariton Božidar Smiljanić singt die Arie des Figaro „Non più andrai“ aus Mozarts Oper Le nozze di Figaro (Die Hochzeit des Figaro).

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Hinter den Kulissen

Die Orchesterseitzprobe von Le nozze di Figaro

Solist:innen, Orchester und Chor kommen zum ersten Mal bei einer Orchesterseitzprobe von Le nozze di Figaro im Opera Ballet Vlaanderen zusammen. Ein Interview mit der Dirigentin Marie Jacquot und der Sopranistin Maeve Höglund (Susanna).

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Hinter den Kulissen

Eine Einführung zu Le nozze di Figaro

Treffen Sie den Regisseur Tom Goossens und die Sopranistin Lenneke Ruiten (Contessa) während der Proben zu Mozarts Oper Le nozze di Figaro beim Opera Ballet Vlaanderen.

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HANDLUNG

Akt I
Es ist der Tag der Hochzeit von Figaro und Susanna, die Kammerzofe der Gräfin. Figaro, der Kammerdiener des Grafen, beurteilt das Schlafzimmer, das ihm von seinem Dienstherrn angeboten wurde: es grenzt praktischerweise an den Zimmern des Grafen und der Gräfin an. Susanna weist darauf hin, dass das Zimmer immer noch praktischerweise naheliegt, wenn der Graf das „Droit de Seigneur”, ein feudales Gesetz, das dem lokalen Grafen erlaubt, die Braut zu entjungfern, zurückberuft. Ein Gesetz, das er erst kürzlich abschaffte. Figaro entscheidet sich seinen Meister zu überlisten.

Aber Figaro schuldet Marcellina immer noch Geld und hatte ihr damals versprochen sie zu heiraten, wenn er es nicht schaffen sollte seine Schulden zu begleichen. Er hatte ebenfalls den Zorn von Dr. Bartolo, der ehemalige Beschützer der Gräfin, auf sich gezogen, da er half die Hochzeit des Grafen und der Gräfin zu Stande zu bringen. Zudem bittet der junge Page Cherubino Susanna um Fürsprache bei dem Grafen, der ihn entlassen hatte, nachdem er ihn alleine mit Antonios Tochter Barbarina erwischt hatte.

Plötzlich erscheint der Graf, der Verwirrung stiftet. Cherubino versteckt sich und hört die Annäherungsversuche des Grafens an Susanna. Der Graf wiederum versteckt sich und überhört Basilio, den Musiklehrer, der Unterstellungen über Cherubino und der Gräfin macht. Der Graf kommt zum Vorschein, entdeckt den unglücklichen Pagen und verweist ihn in seine Armee.

Akt II
Der Akt beginnt mit der weinenden Gräfin, die über den Grafen jammert, der sie nicht mehr liebt. Figaro verrät seinen Plan den Grafen zu überlisten: Er versandt ihm einen anonymen Brief, der besagt, dass die Gräfin einen Liebhaber besitzt. Susanna weist darauf hin, dass Marcellina immer noch die Schulden erlassen und man so die Hochzeit verhindern kann: ein zweiter Plan wird geschmiedet. Susanna stimmt einem Treffen mit dem Grafen in dem Garten zu, doch Cherubino wird als sie getarnt erscheinen. Figaro beauftragt seine Frau Cherubino angemessen zu kleiden.

Der Page turtelt mit den Frauen, indem er seine neueste Komposition vorsingt. Er war noch halbnackt, als der Graf ankam. Durch Figaros Brief ist er eifersüchtig und wütend. Cherubino, der sich im Kleiderschrank versteckt hat, stößt einen Stuhl um. Panisch gibt die Gräfin vor, dass das Geräusch von Susanna kommt, aber verweigert ihm die Tür zu öffnen. In der Zwischenzeit rettet Susanna Cherubino, der aus dem Fenster geflüchtet ist. Susanna sperrt sich selbst in den Kleiderschrank.

Die Gräfin versucht ihrem Ehemann zu erklären, warum sich Cherubino im Kleiderschrank befindet. Sie ist genauso überrascht wie der Graf, als Susanna zum Vorschein kommt. Die zwei Frauen täuschen vor, dass der Vorfall ein Trick war, um den Grafen davon zu überzeugen, seine Gemahlin besser zu behandelt. Sie gestehen, dass Figaro den Brief schrieb, der sich danach zu ihnen gesellt, ahnungslos von der Offenbarung der Frauen an den Grafen. Als Bartolo, Basilio und Marcellina gegen Figaro Klage, um ihn zur Heirat zwischen ihm und Marcellina zu zwingen, erheben, triumphiert der Graf.

Akt III
Die Gräfin und Susanna eröffnen den dritten Akt mit einem Plan, um das amouröse Vorhaben des Grafens zu verhindern. Susanna stimmt einem Treffen am Abend im Garten mit dem Grafen zu, doch die Gräfin wird getarnt als ihre Magd hingehen.

Auf den Rat ihres Richters Don Curzio, bestand der Graf darauf, dass Figaro seine Schulden an Marcellina begleicht oder er sie auf der Stelle heiratet. Figaro wird zeitgerecht durch die Enthüllung seiner Verwandschaft zu Marcellina gerettet, denn er ist der verschollene Sohn von ihr und Bartolo. Alle, außer der Graf und Don Curzio umarmen sich vor Freude.

Endlich kann die Hochzeit von Figaro und Susanna gefeiert werden. Cherubino ist unmaskiert inmitten der Brautjungfern. Barbarina beschimpft den Grafen dafür, dass er Cherubino auf dem Schloss bleiben ließ. Susanna gibt dem Grafen den Brief der Gräfin, um dem späteren Treffen unter den Pinien zuzustimmen.

Akt IV
Alle warten im Garten: Der Graf und Figaro auf Susanna. Die Gräfin auf den Grafen. Bartolo und Basilio um die Wiederberufung des „Droit de Seigneur” zu bezeugen. Figaro schimpft Susanna für ihre Treuelosigkeit während sie sich auf die Folgen ihres Plans freut.

Cherubinos Anwesenheit ist vermutlich ein Disaster, jedoch erscheint der Graf und wirbt um „Susanna”, tatsächlich um seine Gemahlin. Der eifersüchtige Figaro wird mit Susanna konfrontiert, getarnt als Gräfin. Er erkennt seine Braut wieder, woraufhin sie sich versöhnen. Der Graf beobachtet die Beiden und glaubt seine Frau in den Armen seines Kammerdieners zu sehen. Er verurteilt sie. Die wahre Gräfin nimmt ihre Maske ab und vergibt ihrem Ehemann. Der Tag endet mit einer Feier.

EINBLICKE

Hochzeit, enthüllt

Wie weit kann man bei der Bearbeitung einer Oper gehen? Und was hat Vorrang: die Musik oder der Text? Dirigentin Marie Jacquot und Regisseur Tom Goossens diskutieren über die Vorbereitung ihrer neuen Inszenierung von Le nozze di Figaro.  

Tom Goossens - Für mich begann alles, als ich acht Jahre alt war. Mein Vater, ein Opernfanatiker, zeigte mir damals zum ersten Mal seine Lieblingsoper Don Giovanni in der TV-Verfilmung von Peter Sellars. Das war meine erste Opernerfahrung und ich war von der Musik fasziniert. In diesen ersten sechs Jahren habe ich keine andere Oper mehr gehört! Ab dem Alter von 14 Jahren, als ich anfing, mich zu verlieben, begann ich plötzlich, mich in der Geschichte und in Figuren wie Elvira zu erkennen.

Marie Jacquot - Haha, wunderbar! Das klingt nach einer hervorragenden Erziehung durch deinen Vater. 

TG - Mein Vater ist Biologe und meine Mutter ist Biologielehrerin. Meine Mutter mag definitiv keine Oper.

MJ -Ich stamme auch nicht aus einer musikalischen Familie. Wir mussten alle zu Hause ein Instrument spielen und einen Sport treiben, sagte mein Vater. Als Teenager wollte ich Tennisprofi werden, ich habe sogar beim Roland Garros gespielt. Aber ich hatte genug von der Konkurrenz, und so entschied ich mich in Paris für die Posaune. Ich habe eine Zeit lang in Orchestern gespielt, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Ich habe Dirigierunterricht genommen, bin nach Wien gegangen und so bin ich Dirigentin geworden. Das ist die Geschichte in Kurzform. Am Anfang habe ich die Oper gehasst - wirklich gehasst -. Ich träumte von den großen symphonischen Werken: Mahler und Bruckner. Bis ich eine Einladung bekam, eine Oper in Würzburg zu dirigieren, obwohl ich noch nie eine dirigiert hatte. Zu allem Überfluss wurde ich dann dort als Kapellmeisterin angestellt. Ich blieb dort drei Jahre, dann drei Jahre in Düsseldorf. Jetzt liebe ich natürlich die Oper über alles. Eine Karriere ohne Oper kann ich mir nicht mehr vorstellen.

TG  - Es ist verrückt, dass ich erst so spät herausgefunden habe, dass ich Opernregisseur werden wollte. Ich habe nicht nur sehr früh die Oper geliebt, sondern auch das Theater. Ich war fasziniert davon, wie das alles gemacht wird. Ähnlich wie du stand ich mit 18 Jahren vor der Wahl zwischen zwei Leidenschaften: Flöte und Theater. Dann dachte ich, dass ich in der Oper sowohl Musik als auch Theater haben könnte.

MJ - Ein Regisseur, der ein Partitur lesen kann!

TG - Notenlesen ist kein Problem. Außerdem liebe ich die Musik ungemein, sie ist für mich die Grundlage, auch für die Regiearbeit. Trotzdem bleibt es eine große Herausforderung, eine Komödie mit Orchester aufzuführen. Bei einer Komödie ist das Timing alles. Sobald ein Orchester einsetzt, können sich die Schauspieler:innen auf der Bühne nicht mehr von ihrem eigenen spontanen Zeitgefühl leiten lassen. Das Tempo der Musik diktiert die Aufführung und nicht andersherum.

MJ - Ich habe von vielen Regisseur:innen gehört, dass die Komödie am schwierigsten ist.

TG - Ja, ich denke schon. Durch das Theater weiß ich, dass die Sprache auch hier ein sehr wichtiges Element ist. Denn Humor funktioniert besser in der Sprache des Publikums. Um heute Lacher zu erzeugen, ist die Verbindung mit dem Publikum extrem wichtig. Das funktioniert am besten, wenn sich das Publikum im selben Moment mit den Darstellenden verbunden fühlt. Wir haben daher gründlich darüber nachgedacht, wie wir so großzügig wie möglich sein können, um eine starke Verbindung zwischen den Akteur:innen und dem Publikum herzustellen. Wir haben sowohl in Gent als auch in Antwerpen eine umfassende Studie über die Sichtachsen durchgeführt. Wir haben uns auf alle möglichen Plätze im Zuschauerraum gesetzt, vom Parterre bis zu den Logen, vom ersten Seitenbalkon bis zu den obersten Reihen. Gemeinsam mit dem Bühnenbildner Sammy Van den Heuvel und der technischen Designerin Eva Florizoone haben wir festgelegt, was wir sehen können und was nicht. So haben wir eine Spielfläche auf der Bühne abgesteckt, die für alle sichtbar war, den größten gemeinsamen Nenner. Das war ein schmaler, keilförmiger Streifen in der Mitte der Bühne. Dort werden wir die zentrale Handlung stattfinden lassen, so dass jede:r im ganzen Raum die ganze Geschichte verfolgen kann. Das ist die generelle Prämisse unserer Inszenierung: nicht so sehr 'welche Idee kann ich auf das vorhandene Material draufsetzen?', sondern 'wie erschließen wir den Reichtum, der schon da ist, auf die bestmögliche Weise? Ich werde jetzt noch nicht alles verraten, aber das ist eine Leitlinie, an die sich wirklich jedes Mitglied des künstlerischen Teams gehalten hat.

MJ - Es mag offensichtlich klingen, aber ich interpretiere auch, was da ist. Man kann leiser oder lauter spielen, hier oder da einen Akzent setzen, das ist Interpretation. Aber ich will das Stück nicht umschreiben und schon gar nicht etwas 'Neues' machen, nur weil wir neu sein müssen. Ich bin mir also bewusst, dass ich eine Interpretin bin, aber ich versuche immer, das zu tun, was geschrieben steht. Es gibt auch Dirigent:innen, die ihre Ideen darüber legen; ich versuche, der Komposition zu dienen. Was die Komödie angeht, so hängt für mich viel von der Interaktion mit der Bühne, mit der Regie und den Sänger:innen und Schauspieler:innen ab. Ich sehe mich als Chamäleon: Ich passe mich dem an, was das Projekt von mir verlangt.

TG - Genau. Unser Motto 'Arbeiten mit dem, was gegeben ist' bedeutet übrigens nicht, dass wir eine museale Aufführung anstreben, bei der alles historisch korrekt ist. Nein, wir machen auch - wie es bei uns üblich ist - Kürzungen oder übersetzen sogar die Rollen von Bartolo und Marcellina ins Niederländische, aber diese Änderungen entspringen nie unserem Ego oder unseren eigenen intellektuellen Theorien oder so etwas. Ich hoffe, das klingt nicht arrogant, aber manchmal muss man einfach nicht alles blindlings machen, um dem Werk besser gerecht zu werden. Das Publikum von heute ist ein anderes als zu Zeiten von Mozart und Da Ponte. Heute sind andere Dinge lustig als damals, das ist nun einmal so. Auch die ursprüngliche Figaro-Trilogie des Dramatikers Pierre Beaumarchais ist heute wahrscheinlich weniger bekannt. 1783 wurde Giovanni Paisiellos Opernadaption des ersten Teils, Il barbiere di Siviglia, in Wien uraufgeführt, und in den folgenden Jahren wurde die Oper mehr als hundert Mal gespielt. Als Mozart und Da Ponte 1786 mit Le nozze di Figaro in Wien auftraten, muss den Zuschauern klar gewesen sein, dass es sich um den zweiten Teil der Figaro-Trilogie handelte. Sie kannten die Figuren, ihre Vorgeschichte, und saßen daher mit Vorwissen und anderen Erwartungen im Publikum. Wenn man nun zum Beispiel will, dass das Eingangsrezitativ von Bartolo und Marcellina - das auf den Ereignissen des ersten Teils aufbaut - genauso funktioniert, muss man anfangen, die Dinge anzupassen. Deshalb habe ich mich entschieden, ihre Rollen, die beiden komischsten Figuren aus Le nozze di Figaro, ins Niederländische zu übersetzen und sie von Spitzenschauspielern spielen zu lassen: Eva van der Gucht und Stefaan Degand. Das Publikum will die Geschichte verstehen, und wir müssen ihm dieses Verständnis geben. In einem solchen Moment bedeutet das Umschreiben also nicht, dem Original untreu zu werden. Im Gegenteil, man ist dem Original sogar treuer, als wenn man es nicht umgeschrieben hätte.

MJ - Ja, wir sollten nicht vergessen, dass wir in einer anderen Zeit leben und uns an diese anpassen müssen. Das Publikum ist an Filme gewöhnt, in denen ständig und blitzschnell die Einstellungen gewechselt werden, das Tempo ist sehr hoch und wir werden ungeduldig, wenn sich etwas zu lange hinzieht. Diese Unmittelbarkeit sollten wir auch anstreben.

TG - Alles deutet darauf hin, dass es genau das ist, was Mozart erreichen wollte. Er war formal so stark und schaffte es auf brillante Weise, das Publikum immer wieder zu begeistern und zu überraschen.

MJ - Genau, und wir sind heute an eine Menge Reize gewöhnt. Schauen Sie sich nur an, wie schnell die Leute zu ihren Smartphones greifen, wenn sie irgendwo länger als eine Minute warten müssen. Hinzu kommt, dass wir die Oper heute seltsam behandeln: Früher war sie ein gesellschaftliches Ereignis, man hat zugehört und zugesehen, man hat sich mit Leuten unterhalten oder sogar zwischendurch etwas gegessen. Heute meint man, man müsse konzentriert und schweigend dasitzen und zuschauen. Deshalb finde ich es ein bisschen arrogant, wenn man als Dirigent:in darauf besteht, keine Kürzungen vorzunehmen und alle hinzugefügten Arien und dergleichen einbauen zu wollen. Wenn etwas zu lange dauert, verliert man einen Teil des Publikums und zwingt es im Grunde dazu, die Aufführung auszusitzen. Das ist der Grund, warum ich mich manchmal mit Wagner schwer tue: Seine Musik ist den Wagnerianer:innen heilig, und man kann oder sollte nicht einen einzigen Takt daraus streichen. Damit schließt man einen großen Teil des Publikums von vornherein aus: Für jemanden, der noch kein:e Liebhaber:in ist, ist es nicht selbstverständlich, fünf Stunden Oper zu verdauen.

TG - Für mich hat Wagner etwas sehr Meditatives, aber wir sollten in der Tat anerkennen, dass sich die Sehgewohnheiten geändert haben und nicht die Länge einer Oper vergöttern. Wenn man anderthalb Stunden lang ununterbrochen Netflix schaut, bekommt man eine Nachricht, die fragt, ob man noch dabei ist. Dagegen müssen wir ankämpfen. Ein Opernhaus ist ein guter Ort dafür. Dort kann man in eine andere Konzentration als im Alltag kommen. Ich liebe die Musik ungemein, sie ist für mich die Grundlage für die Regiearbeit. Obwohl es eine große Herausforderung bleibt, eine Komödie mit einem Orchester aufzuführen.

Nach einem Interview von Tom Swaak.