Moscow State Stanislavsky Music Theatre

Medea

Cherubini
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Eine wütende Zauberin rächt sich nachdem ihr Mann mit ihren Kindern das Land verlässt und eine jüngere Frau heiraten möchte. 

Cherubini war laut Beethoven der größte Komponist unter seinen Zeitgenossen und laut Schumann ‘der Beste Harmonist unserer Zeit’. Die Volkskünstlerin Russlands und doppelte Goldene Maske Preisträgerin Hibla Gerzmava singt die für ihre Schwierigkeit bekannte Titelrolle, die von der mythischen Zauberin von Colchis inspiriert ist.

Besetzung

Medea
Hibla Gerzmava
Neris
Natalia Vladimirskaya
Glauce
Daria Terekhova
Jason
Najmiddin Mavlyanov
King Creon
Felix Kudryavtsev
Captain of the Guard
Maxim Osokin
...
Musik
Luigi Cherubini
Dirigent
Felix Korobov
Inszenierung
Alexander Titel
Bühne
Vladimir Arefiev
Licht
Evgeny Vinogradov
Kostüme
Vladimir Arefiev
Text
François-Benoît Hoffman, Carlo Zangarini and Franz Lachner
Chorleitung
Stanislav Lykov
...

Video

Trailer

TRAILER | MEDEA Cherubini - Moscow State Stanislavsky Music Theatre

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Ausschnitt

Figli miei, miei tesor​

Wie fühlt es sich an, das Sorgerecht für seine Kinder zu verlieren? In Cherubinis Oper über den Mythos aus dem Alten Griechenland fleht Medea (Hibla Gerzmava) ihren Ehemann Iason (Majmiddin Mavlyanov) an, ihre Kinder mit sich nehmen zu dürfen.

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Handlung

Akt I

Glauke, Tochter von König Kreon, bereitet sich auf ihre Hochzeit vor. Sie heiratet Iason und fürchtet, dass Medea, seine frühere von ihm verlassene Eherau, sich rächen wird. Sie hat Iason zwei Söhne geboren, Kreon versichert ihm, dass sie in Sicherheit sind und dazu erzogen werden, ihre Mutter als böse Hexe zu hassen. Die Agronauten zeigen Glauke mit dem Goldenen Vlies, das Iason von Medeas Vater mit ihrer Hilfe erlangte. Sie trinken auf das Paar und laden den Gott Hymen zur Hochzeit ein.

Der Anführer der Wache kündigt eine verschleierte Frau an, die ihren Namen nicht preisgeben will. Kreon gewährt ihr Einlass, die Frau stellt sich als Medea vor. Sie bittet Iason, mit ihr nach Hause zu kommen und rät Kreon, die Hochzeit abzusagen. Dieser spricht seinerseits Warnungen aus. Medea erinnert Iason an die Opfer, die sie für ihn erbracht hat und bittet ihn, mit ihr als verlassene Mutter Mitleid zu haben. Als Iason sie abweist, schwört sie Rache.

Akt II

Medea beweint ihr einsames Schicksal. Ihr Sklave Neris drängt sie zur Flucht, solange sie noch Zeit dafür hat, dabei werden sie bereits von Kreon und seiner Wache gefunden. Der König erklärt Medea, dass Iason ihn bat, sie nicht zu töten, wenn sie sofort das Land verlieβe. Medea erinnert Kreon daran, dass ohne ihre Hilfe Iason bei der Erlangung des Goldenen Vlies gestorben wäre. Sie bittet um Asyl und darum, ihre Kinder sehen zu können. Kreon lehnt ihre Bitten ab und erlaubt ihr lediglich, noch einen Tag länger zu bleiben.

Neris verspricht, jedwedes Schicksal mit Medea zu teilen, sie entscheidet, ihren letzten Tag für ihre Rache zu nutzen. Sie bittet Iason, ihre Kinder mit sich nehmen zu können. Er lehnt dies ab, erlaubt ihr aber, sie bis zu ihrer Abreise zu sehen. Medea befiehlt Neris, Glauke Schmuck und ein giftgetränktes Kleid als Hochzeitsgeschenk zu geben und ruft Hymen an, ihren Plan zu schützen.

Akt III

Medea sucht ihre Schmerzen zu mildern, während sie den Tod ihrer Kinder plant. Neris bringt sie ihr und ihre Mutterliebe überwältigt sie. Der Sklave sagt Medea, dass Glauke die Geschenke angenommen hat und bereits das Kleid trage. Zufireden, dass ihr Racheplan aufging, beauftragt sie Neris, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen.

Die Hochzeitsgäste weinen vor Entsetzen: Glauke wurde durch das vergiftete Kleid getötet. Sie geraten in Panik und verlangen Medeas Tod für ihre Tat. Iason sucht seine Kinder, findet aber nur Neris, der ihm sagt, dass seine Herrin sie nach einem Sinneswandel zu töten gedenkt. Medea tritt hervor mit einem Dolch in der Hand. Sie erklärt Iason, dass sie durch das But ihrer Kinder gerächt wurde und er nun frei sei, sich eine neue Frau zu suchen.

Einblicke

1° Von Kolchis bis Korinth

Die Zauberin Medea in der griechischen Mythologie ist die Tochter Aietes von Kolchis, die Nichte Kirkes und die Enkelin Helios. Das Königreich ihres Vaters befindet sich auf der Ostküste des schwarzen Meeres und entspricht der Region, die sich zwischen der heutigen Nordostküste der Türkei über Westgeorgiens bis zur Südküste Russlands befindet. Es wird als reiches Königsreich beschrieben, das vor allem Gold, Eisen, Bauholz und Honig nach Griecheland exportierte. Es ist aber vor allem bekannt, weil Iason und die Argonauten dort das goldene Vlies raubten.

Als Iason in Kolchis ankam und behauptete, das Vlies stehe ihm zu, versprach ihm Aietes, ihm das Vlies zu geben, nachdem er gewisse Aufgaben gelöst hatte. Medea verliebte sich in Iason und verprach ihm zu helfen unter der Bedingung, dass er sie mitnehmen und heiraten würde, falls er die Aufgaben lösen sollte. Iason war einverstanden und zusammen fanden sie das Vlies. Aietes wollte seine Tochter nicht gehen lassen, doch Medea war zu allem bereit, um mit Jason zu fliehen. Als Aietes den Geliebten auf seinem Schiff folgte, tötete Medea ihren Bruder Absyrtos und warf Stücke seines Körpers über Bord. Aietes wollte jedes Stück seines Sohnes aufsammeln, und Iason und Medea konnten fliehen.

Wie es von zwei solch ausgewogenen Individuen zu erwarten ist, war ihre Beziehung nicht sehr stabil. Medea gebahr Iason zwei Söhne, doch als sie die Töchter Pelias überzeugte, ihren Vater zu ermorden, wurde sie mit ihrer Familie nach Korinth ins Exil geschickt. Dort verlobte sich Iason mit Glauke, die Tochter des Königs von Korinth, um die politischen Beziehungen ihrer Königreiche zu stärken. Als Medea Iason mit der Verlobung konfrontierte, erinnerte sie ihn daran, wie wichtig ihre Hilfe für ihn gewesen war. Iason erwiderte, dass er sich nicht bei ihr, sondern bei Aphrodite bedanken sollte, weil Medea dank ihr sich in Iason verliebte.

Hier beginnt die Oper.

2° Vom Mythos auf die Bühne

Der Mythos von Medea und Iason erscheint in Hesiods Gedicht Theogonie um 700 vor Christus und in Apollonios von Rhodos literarischer Fassung aus dem dritten Jahrhundert vor Christus, Argonautika. Zwischen beiden Publikationen adaptierte Euripides die Geschichte und machte daraus eine Tragödie, die er auf dem Hauptwettbewerb der Stadt Dionysia im Jahr 431 vor Christus präsentierte. Das athener Publikum war nicht begeistert und das Stück belegte den dritten Platz der drei gespielten Tragödien. Nachdem es 400 Jahre weitgehend in Vergessenheit greaten war, entdeckten Ovid, Seneca und andere römische Tragödienschreiber das Stück neu und adaptierten es in erfolgreiche augusteische Dramen. Seit seiner nachfolgenden Entdeckung im 16.Jahrhundert ist Euripides Medea ein Klassiker des Westlichen Kanons und die heute meist gespielte griechische Tragödie.

In der Mitte der 1790er Jahre fühlte sich Cherubini inspiriert, eine komische Oper über den Medea-Mythos zu schreiben. Das Thema erwies sich schon vorher als beliebt für die Oper, zum Beispiel wurden Giasone von Francesco Cavalli, Thésée von Jean-Baptiste Lully und Teseo von Georg Friedrich Händel alle vorher aufgeführt. Für den Text wendete sich Cherubin an François-Benoît Hoffman, der als Drehbuchautor und Kritiker bekannt war und kürzlich mehrere Libretti für „den wichtigsten französischen Opernkomponisten während der Revolution“, Étienne Méhul, erfasst hatte. Hoffman basierte seine Médée auf der Euripides-Drama-Adaption von Pierre Corneille.

Cherubinis Oper wurde mit wenig Begeisterung aufgenommen, als sie am 13. März 1797 am Théâtre Feydeau uraufgeführt wurde. Franz Lachner übersetzte das Libretto für Frankfurt 1855 ins Deutsche, er komponierte auch Rezitative für die gesprochenen Dialoge. 1909 schuf Carlo Zangarini eine Italienische Übersetzung für La Scala, doch die Oper kam aus der Mode. Das war so bis 1953, als Maria Callas Medea in Florenz verkörperte. Es wurde eine ihrer Signaturrollen, die sie später in Mailand, London und Dallas sang, und sie spielte die rachsüchtige Hexe in Pier Paolo Pasolinis Film Medea von 1969, ihre einzige Filmrolle.

3° Leuchtende Sterne aus Moskau

Die Titelrolle von Medea ist eine vorzügliche Herausforderung, die stimmliche Vollkommenheit und eine führende Bühnenpräsenz erfordert. Kein Opernhaus würde es wagen, Cherubinis Werk ohne einen Star-Sopran zu produzieren, der dieser Rolle gerecht werden kann. Als Stanislavsky und das Nemirovich-Danchenko Musiktheater sich für diese Oper entschieden, hatten sie das Glück, gleich zwei Sängerinnen im Ensemble zu haben, die sowohl kraftvolle und ausdrucksstarke Stimmen besitzen und darüber hinaus hervorragende Schauspielerinnen sind: die weltbekannte Hibla Gerzmava und Natalia Muradymova, eine der führenden Sopranistinen der Moskauer Opernszene.

4° Leise Wächter

Vladimir Arefievs Bühnenbild für Medea besteht aus mehreren Dutzen Tetrapoden – nicht der biologische Begriff für Vierfüβler, der Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Vögel, sondern die vierbündigen Betonstrukturen, die an Küsten Molen und Wellenbrecher verstärken.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren künstliche rechteckige Blöcke oder Würfel der üblichere Anblick an kritischen Abschnitten entlang der Küsten, doch waren diese in der Tat weniger stabil als natürliche Felsen mit dem selben Gewicht. In den 1950er Jahren wurde von Ingenieuren im Laboratoire Dauphinois d’Hydraulique in Grenoble eine neue Struktur erschaffen, die ineinander gesteckt werden können und damit stärker waren, einmal durchlässiger, und widerstandsfähiger. Der führende Ingenieur Pierre Danel erläuterte drei Jahre später bei der Internationalen Konferenz über Küsteningenieurswesen, dass „nach vielen vorangegangenen Studien die Umrisse Gestalt annahmen: Eine Art Seeungeheurer mit vier Tentakeln, dessen Patent unter dem Namen „Tetrapode“ angemeldet wirde.“

Diese französische Erfindung wurde als erstes in Casablanca benutzt, heute findet man sie von der venezianischen Lagune bis Mumbai. Sie umringen die Hauptstadt der Malediven vollständig, um sie vor dem steigenden Meeresspiegel zu schützen, und sie bedecken rund die Hälfte der japanischen Küste als Taifun-Abwehr. Tetrapode mögen für ihre auffällige Unnatürlichkeit unbeliebt sein, doch bewahrten – und bewahren – diese leisen Wächter unzählige Leben.