Einige der weltbesten Belcantisten, zollen dem italienischen Dirigenten Tribut - ein passionierter Verfechter und Interpret von Gioachino Rossini.
Besetzung
Sopranistinnen | Salome Jicia |
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Sopranistinnen | Carmen Romeu |
Mezzosopranistinnen | Cecilia Molinari |
Mezzosopranistinnen | Teresa Iervolino |
Tenor | Enea Scala |
Tenor | Maxim Mironov |
Baritone | Nicola Alaimo |
Bass | Carlo Lepore |
Bass | Michele Pertusi |
Chor | Opera Vlaanderen |
Orchester | Symphony Orchestra Opera Vlaanderen |
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Musik | Gioachino Rossini |
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Musikalische Leitung | Donato Renzetti |
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Video
Handlung
Programme
Gioachino Rossini (1792-1868)
IL BARBIERE DI SIVIGLIA
Ouvertüre
Kavatine Largo al factotum (Figaro), Nicola Alaimo
Rezitativ Oh cielo ! & Duet All'idea di quel metallo portentoso (Gigaro, Comte Almaviva), Nicola Alaimo, Maxim Mironov
Arie La calunnia è un venticello (Basilio), Michele Pertusi
Rezitativ Ma bravi ! & Duet Dunque io son (Rosina & Figaro), Cecilia Molinari, Nicola Alaimo
Quintett Don Basilio! (Rosina, Conte Almaviva, Figaro, Bartolo, Don Basilio), Cecilia Molinari, Nicola Alaimo, Maxim Mironov, Carlo Lepore, Michele Pertusi
TANCREDI
Rezitativ Oh patria ! & Cavatina Di tanti palpiti (Tancredi),
Marianna Pizzolato
Rezitativ Che feci & Duet L'aura che intorno spiri (Tancredi & Amenaide), Marianna Pizzolato, Mariella Devia
Szene & Cavatine Di mia vita infelice (Amenaide), Mariella Devia
IL VIAGGIO A REIMS
Rezitativ A perche la connobi? & Aria Invan strappar del core (Lord Sidney, Koor), Choir Opera Vlaanderen
Rezitativ Bravo il signor Ganimede & aria Medaglie incomparabili (Don Profondo), Carlo Lepore
GUILLAUME TELL
Ouvertüre
Rezitativ Ils s'éloignent enfin & Romance Sombre forêt (Mathilde), Carmen Romeu
Arie Sois immobile (Guillaume Tell), Nicola Alaimo
Rezitativ Ne m'abandonne point & Aria Asile héréditaire (Arnold), cabaletta & choir, Gregory Kunde, Choir Opera Vlaanderen
Finale En vain il veut nous fuir, Tutti
PETITE MESSE SOLENNELLE
Agnus Dei, Marianna Pizzolato, Choir Opera Vlaanderen
Einblicke
Rossinis zweite Jugend
Das Treffen von zwei Maestros
Während seiner sehr kurzen Karriere war Gioachino Rossini (1792-1868) Anfang des 19. Jahrhunderts für eine der radikalsten stilistischen Innovationen in der italienischen Oper verantwortlich. Er war gerade siebenunddreißig, als er seine letzte Oper, Guillaume Tell (1829), komponierte. Er arbeitete an einem Konzept des Opernschreibens, welches den gesellschaftlichen, sozialen und geopolitischen Umbrüchen seines Zeitalters eine musikalisch-dramatische Form geben sollte, welche in dem Stil der Operntradition des 18. Jahrhunderts verankert war, obwohl er gänzlich unpolitisch war, sowohl in seinem Privatleben, als auch als Komponist. Der gesellschaftliche Umschwung, in dem er sich wiederfand und die er in wirbelnde musikalische Klangformen verwandelte, waren nicht zu unterschätzen. Er war drei Jahre nach dem weitreichendsten politischen und gesellschaftlichen Umbruch geboren: die Französische Revolution. Über einen Zeitraum von harten sechsundzwanzig Jahren, erlebte Frankreich, was sein zweites zu Hause geworden war, das Ende einer „tausend Jahre alten Monarchie“ und den Tod des letzten Königs am Schafott, der einst allmächtig über das Land „durch Gottes Gnade“ herrschte. Daraufhin erschien in der politischen Szene ein korsischer Militäroffizier, der sich gleich selbst zum Kaiser Frankreichs krönte. Er herrschte beinahe über ganz Kontinentaleuropa und wurde zweimal geschlagen. Allerdings marschierten nur wenige Jahre nach seinem Triumph, zum ersten Mal seit 400 Jahren, Truppen in die französische Hauptstadt ein. 1812 – das Jahr Rossinis ersten großen Durchbruchs mit fünf Premieren in Folge – wurde die geopolitische Landkarte Europas auf dem Wiener Kongress neu entworfen. Es ist also keine Überraschung, dass diese Umbrüche, die die Instabilität der alten sowie der neuen Strukturen zeigte, eine neue Art von historischer Erfahrung mit sich brachten. Als Mann seiner Zeit war Rossini diesen Umbrüchen gegenüber einfühlsam und strebte nach einer musikalischen Sprache, mit der er diesen neuen Sensibilitäten eine Form geben konnte. Er versuchte seine ganze Karriere hindurch, seine Opern an die Welt um ihn herum anzupassen, mit ihren unstetigen Strukturen und einer Überempfindlichkeit für neue Phänomene. Während seiner kurzen Karriere, war er ein anerkannter Komponist, dessen Werke auf allen großen Bühnen Europas aufgeführt wurden. Nach seinem Tod verblasste die Popularität seines Lebenswerkes und nur sein internationaler Erfolg Il barbiere di Siviglia erinnert noch weltweit an seine Arbeit.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde den gänzlich vergessenen ernsten Opern des Maestros von Pesaro, erneut Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist Leuten wie Alberto Zedda (1928-2017) zu verdanken, die durch ihre uneingeschränkten Bemühungen und ihren Enthusiasmus, erneut die vielseitige und innovative Natur Rossinis Werk an den Tag brachten. Wie Reto Müller in seinem Artikel in dem Programm bemerkt, war es Zedda dank seiner vielen unterschiedlichen Fähigkeiten und dank seines Multitasking Talents möglich, eine weltweite Referenz Rossinis zu werden. Es begann mit dem jungen Dirigenten Alberto Zedda, der die überlieferte Barbiere Partitur in Frage stellte, als er einige Unregelmäßigkeiten entdeckte. Es war Zedda, der Musikwissenschaftler, der in den Archiven forschte und eine neue, kritische Version des Werkes erstellte, basierend auf dem wiederentdeckten Originalmanuskript. Er war es, der den jungen prominenten Dirigenten, Claudio Abbado, dazu überzeugen konnte, diese kritische Version des Werkes zu dirigieren. Das ermöglichte ihm, in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, Rossinis Werk neues Leben einzuhauchen. Von da an arbeitete Alberto Zedda unermüdlich an der Wiederentdeckung der vielen vergessenen Juwelen. Im Laufe seiner Karriere machte Zedda das unaufhörliche in Frage stellen des Werkes des Maestros nicht nur zu einem Experten als Rossini Dirigent, Wissenschaftler und Herausgeber, sondern bedeutete auch, dass er eine persönliche Vision der spezifischen Natur des Rossini Stils (Gesangsstil), entwickelte. Er war der Mentor von Generationen von Rossini Künstlern, denen er eine Bühne auf seinem Rossini Opera Festival in Pesaro bot. Die Karriere Zeddas war eine ständige gegenseitige Befruchtung zwischen diesen verschiedenen Disziplinen.
Zum Anlass der Produktion von Otello an der Opera Vlaanderen 2014, sagte er Folgendes zu Rossinis einzigartigem Schreibstil und seiner Darbietung: „Wenn man eine Partitur von Rossini öffnet, ist es so, als ob man die Musik schon mal gesehen hat. Aber wenn man genauer hinschaut, zeigt sich, dass es einen größeren Unterschied zwischen Tancredi und Semiramide gibt, als zwischen Verdis La traviata und Otello. Die gesangliche Komponente ist fast gleich und der Unterschied liegt im Rhytmus. Rossinis Rhythmus ist das Äquivalent zu kreativer Energie, Fantasie und Fortbewegung. Bei diesem Werk liegt das Herz der Melodie im Rhythmus. Es ist gewissermaßen eine veristische Melodie (verismo melodico). Ein Rhythmus der das Geschehen auf der Bühne unterstreicht und dem Ganzen Leben und eine Bedeutung gibt. Die Interpretation der Gesangslinie ist dem Darsteller überlassen. In Rossinis Kompositionen kann man mit derselben Note ebenso lachen wie weinen. Es ist der Interpret der den Inhalt und die Bedeutung der Musik bestimmt, nicht der Komponist. Eine Art von sinnlicher Elektrizität muss zwischen der Musik und dem Künstler entstehen.“
Gioachino Rossini und Alberto Zedda waren zwei italienische Maestros, die über Jahre miteinander verbunden waren. Letzterer schenkte dem Ehemaligen eine zweite Jugend. Maestro Zedda war nicht sehr erpicht auf ein Konzert mit Arien, aber ein Konzert, welches die meisterhafte Karriere seines Komponisten auf der Basis seiner Lieblingswerke präsentierte, ließ ihn definitiv zustimmen.
Anne-Mie Lobbestael