
Zwei Königinnen. Eine katholisch und schottisch, die andere protestantisch und englisch. Eine auf den Befehl der anderen im Gefängnis. Zwischen ihnen ein Mann, der zwischen Loyalität und Liebe balanciert. Der Schrei “niederträchtiger Bastard” als leidenschaftlicher Fluch, der eine zum Schafott bringt.
Diese Beleidigung war so mächtig, dass die Uraufführung von Donizettis historischer Tragödie in Neapel in letzter Minute durch königliche Intervention abgesagt wurde. Eine abgeschwächte Neufassung scheiterte im folgenden Jahr an der Scala, als die große Maria Malibran entschied, den ursprünglichen Text zu singen. Als Schöpfer unendlich schöner Melodien stützte Donizetti seine Oper auf Friedrich Schillers gleichnamiges Drama, das die letzten Tage im Leben der Königin der Schotten zum Thema hat. Diese Produktion, die erste aus der Ungarischen Staatsoper, wird von Máté Szabó inszeniert und live aus Budapest übertragen.
BESETZUNG
Maria Stuarda | Orsolya Sáfár |
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Elisabetta | Gabriella Balga |
Anna Kennedy | Melinda Heiter |
Roberto | Juraj Hollý |
Lord Guglielmo Cecil | Norbert Balázs |
Giorgio Talbot | István Kovács |
Orchester | Orchester der Ungarischen Staatsoper |
Chor | Chor der Ungarischen Staatsoper |
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Musik | Gaetano Donizetti |
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Text | Giuseppe Bardari |
Musikalische Leitung | Martin Rajna |
Regie | Máté Szabó |
Bühne | Csaba Antal |
Kostüme | Anni Füzér |
Licht | Sándor Baumgartner |
Video | Zsombor Czeglédi |
Choreografie | Gergely Csanád Kováts |
Dramaturgie | Enikő Perczel |
Chorleitung | Gábor Csiki |
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VIDEOS
HANDLUNG
1. Akt
1. Szene
Im Palast von Westminster in London findet ein Turnier zu Ehren des französischen Gesandten statt, der Königin Elisabeth einen Heiratsantrag des französischen Königs überbracht hat. Die Verbindung würde eine glorreiche Allianz zwischen den beiden Königreichen begründen. Elisabeth ist sich über die Entscheidung unsicher. Sie ist immer noch in den Grafen von Leicester verliebt, der sich in letzter Zeit immer mehr von ihr entfernt hat. Ihre Unsicherheit wächst, als die Feierlichkeiten durch Proteste gestört werden: Es wird Gnade gefordert für die schottische Königin Maria Stuart, die seit vielen Jahren inhaftiert ist.
Talbot, Marias Vertrauter, drängt ebenfalls auf Gnade, während Elisabeths Berater Lord Cecil nachdrücklich verlangt, Marias Todesurteil zu unterzeichnen. Er sieht in der katholischen Maria eine gefährliche Rivalin, die als legitime Erbin den Thron gegen die protestantische Elisabeth beanspruchen könnte.
Die Königin ruft Leicester zu sich. Sie vertraut ihm ihren Ring zusammen mit einer Nachricht für den französischen Gesandten an, in der sie mitteilt, dass sie den Heiratsantrag zur Kenntnis genommen, aber noch keine Entscheidung getroffen hat. Als sie die Gleichgültigkeit ihres ehemaligen Geliebten sieht, verlässt sie ihn wütend.
Unter vier Augen teilt Talbot dem Grafen von Leicester mit, dass er Maria Stuart in ihrem Gefängnis in Fotheringhay besucht hat. Die schottische Königin sendet dem Grafen einen Brief und ein Porträt von sich selbst und bittet ihn darum, sich bei Elisabeth für sie einzusetzen. Leicester ist bereit, sein Leben zu riskieren, um Maria zu befreien. Er überredet Elisabeth, ihre Cousine unter dem Vorwand eines Jagdausflugs im Gefängnis zu besuchen. Obwohl die Königin eifersüchtig ist und zögert, willigt sie ein.
2. Szene
Auf Schloss Fotheringhay genießen Maria und ihre treue Begleiterin in Gefangenschaft, Anna, einen Spaziergang im Park. Als Maria zwischen den Bäumen flaniert, erinnert sie sich an ihre Kindheit in Frankreich. Sie ist bereit, auf den Thron zu verzichten, wenn sie nur dorthin zurückkehren könnte. Leicester kommt zu ihr, versichert ihr seine Liebe und ermahnt sie, sich vor Elisabeth demütig zu verhalten.
Ein Jagdhorn ertönt und verkündet Elisabeths Ankunft in Begleitung von Lord Cecil. Talbot mahnt Maria, ruhig zu bleiben. Da Maria an ihrer Liebe zu Leicester festhält, verhält sie sich tatsächlich demütig. Sie kniet vor ihrer königlichen Cousine nieder und bittet um ihre Freiheit. Cecil warnt Elisabeth davor, sich von dem, was er für ein hinterlistiges Schauspiel hält, nicht täuschen zu lassen. In einem Anfall von Eifersucht fängt die Königin an, Maria zu beleidigen und beschuldigt sie der Promiskuität und des Mordes an ihrem eigenen Mann. Die jähzornige Maria verliert die Beherrschung und bezeichnet Elisabeth als vulgäre Hure und Bastard von Anne Boleyn, die den englischen Thron schändet. Damit ist ihr Schicksal besiegelt. Die Königin ruft die Wachen herbei und lässt Maria in ihr Gefängnis zurückbringen.
2. Akt
Cecil erhält Beweise dafür, dass Maria in eine katholische Verschwörung gegen Elisabeth verwickelt war. Im Palast von Westminster liegt das Todesurteil auf dem Schreibtisch der Königin. Doch Elisabeth zögert. Wenn sie es unterschreibt, riskiert sie, den Zorn des gesamten katholischen Europas auf sich zu ziehen. Cecil drängt sie zum Handeln: Jeder englische Untertan ist bereit, wenn nötig, ihren Tod zu rächen; aber wenn sie nicht unterschreibt, setzt sie ihr eigenes Leben aufs Spiel. Als sie den herannahenden Leicester sieht, unterschreibt die von Ungewissheit geplagte Elisabeth schnell und gleichgültig das Todesurteil. Sie übergibt es Cecil mit der Anweisung, die Hinrichtung am nächsten Tag durchzuführen. Leicester fleht sie an, den Befehl zurückzuziehen, der eine unschuldige Frau zum Tode verurteilt. Doch Elisabeth ist unbarmherzig und befiehlt dem Grafen, der Hinrichtung seiner Geliebten beizuwohnen.
Lord Cecil überbringt Maria die Nachricht von der Hinrichtung in ihrem Gefängnis auf Schloss Fotheringhay. Maria akzeptiert ihr Schicksal. Ihr treuer Freund Talbot besucht sie vor der blutigen Stunde. Sie beichtet ihm ihre Sünden: Sie wird von den Geistern ihres zweiten Mannes, Lord Henry Dudley, und ihres Sekretärs Rizzio heimgesucht, die beide ihretwegen starben. Talbot erteilt ihr die Absolution, und Maria geht unschuldig in den Tod. Sie bittet Anna und ihre Hofdamen, mit ihr zu Gott zu beten, anstatt zu weinen. Auch vom Grafen von Leicester nimmt sie ein letztes Mal Abschied. Mit ihren letzten Worten wendet sie sich an Gott: Möge ihr unschuldig vergossenes Blut Frieden bringen, und möge er das eidbrüchige England verschonen.
EINBLICKE
Weibliche Anführerinnen in einer männlichen Welt
Regisseur Máté Szabó über Maria Stuarda
In der vor 190 Jahren von Gaetano Donizetti und Giuseppe Bardari geschriebenen Oper treffen zwei charismatische Frauen – zwei große Persönlichkeiten – in einer männlich geprägten Welt aufeinander. Das tragische Schicksal von Maria Stuart hat zahlreiche Kunstwerke inspiriert. Die 44-jährige Regierungszeit von Elisabeth wird oft als das Goldene Zeitalter Englands bezeichnet. Sie beugte sich weder dem höfischen Druck noch den Freiern und begründete den Kult der jungfräulichen Königin.
Die beiden Tudor-Königinnen unterscheiden sich grundlegend in ihrem Charakter. Während die protestantische Elisabeth keusch, zurückhaltend, aufopferungsvoll und taktisch vorgeht, ist die katholische Maria eine Männerfresserin, hitzköpfig, leidenschaftlich und offen. Sie haben zwei Dinge gemeinsam: ihre Liebe zu England und zum Grafen von Leicester.
Der Schauplatz des 1. Akts ist die Welt der herrschaftlichen Zwänge. Durch diese historische Erzählung ziehen sich bekannte Themen wie die Frage nach äußerer und innerer Freiheit oder der Preis, den eine weibliche Anführerin in einer männlichen Welt zahlen muss. Das Funktionieren des Staates hängt von der extremen Einschränkung des Schicksals einer Frau ab: Das protestantische England muss sich mit dem katholischen Frankreich vereinigen, während vor dem Königspalast Proteste für die Freilassung Marias ausbrechen. Elisabeth muss vor dem Parlament, dem Militär und dem Volk Rechenschaft ablegen über jeden Atemzug, den sie tut, und dabei gerät sie ins Kreuzfeuer politischer und religiöser Intrigen. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht bieten die zwischenmenschlichen Beziehungen keinen Halt mehr. Sie wartet auf ein göttliches Zeichen, das ihr helfen soll, über Marias Schicksal zu entscheiden. Immer wieder erscheint während der Aufführung ein schneeweißer Heiligenschein.
Der Innenhof von Marias Gefängnis im 2. Akt bietet die Illusion wahrer Freiheit: Das Gefängnis ist die Realität, doch das ferne blaue Meer ruft ein Gefühl von Unendlichkeit hervor. Die beiden Königinnen treffen sich unter freiem Himmel. Elisabeth besucht Marias Gefängnis unter dem Vorwand einer Jagd – symbolischer Natur, denn die Beute ist Maria selbst. Ein Mensch wird für seinen Feind verwundbar, wenn er sich seinen eigenen Sünden nicht gestellt hat.
Über ihnen erscheint der schneeweiße Heiligenschein, in dessen leuchtendem Kreis sie sich gegenseitig verfolgen und zerfleischen. Maria wird wirklich frei, als sie Elisabeth eine Hure und einen Bastard nennt und damit den letzten Funken ihres Zwangs zur Anpassung abstreift. Auf diese Weise wird Maria frei, während Elisabeth zur Gefangenen wird – gefangen in ihrer eigenen Position. Am Ende der Aufführung sind die Zustände umgekehrt. Leicester schenkt sein Herz Maria und beraubt Elisabeth der Liebe.
Donizettis Oper ist herzzerreißend lyrisch und emotional; insbesondere die Motive verstärken die katholische Apotheose – nicht im religiösen Sinne. Marias Beichte und Gebet stellen eine Art Selbsterkenntnis und Läuterung dar, eine Form der transzendentalen Freiheit: die bewusste Transzendenz des menschlichen Geistes und der Seele, die sich von allen Ängsten und irdischen Zwängen befreit.
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